Filmkritik
Die Liebe in den Zeiten der Überforderung
Der grosse Karrieresprung ist zum Greifen nahe, die Frau fühlt sich zum Kindermädchen degradiert und will ihr Leben zurück, das Kind braucht alle Aufmerksamkeit - das Leben des jungen Architekten, Ehemanns und Vaters Marco ist alles andere als einfach. In Dani Levys neuestem Film "Väter" wird ein hartes Einzelschicksal als Exempel für die ganze titelgebende Spezies untersucht.
Als Marco (Stefan Blomberg) seine Frau Melanie (Maria Schrader) an einer Hochzeitsparty vor allen Freunden bei einem dummen Ratespiel blossstellt, hat sie endgültig die Schnauze voll. Die Jahre der Leidenschaft und Liebe scheinen wie weggeblasen. Es zählen nur noch all die Tage, die sie für den gemeinsamen Sohn gesorgt und den Haushalt geschmissen hat, während er sich als zukünftigen Stararchitekten feiern liess und wieder einmal wegen eines Geschäftstermins vergass, den gemeinsamen sechsjährigen Sohn Benny (Ezra Valentin Lenz) im Kindergarten abzuholen. Melanie zieht aus, und bald darauf zieht sie die harten Konsequenzen: Sie will die Scheidung und ihren Sohn für sich allein.
Marco ist am Boden zerstört, ohne wohligen Rückhalt in der Familie und vor allem ohne seinen Benny. In seiner Verzweiflung verschafft er sich mehrmals gewaltsamen Zutritt zu dessen Kindergarten und "entführt" ihn schliesslich in einen unbeschwerten Vater-Sohn-Urlaub. Während Benny seine Mutter immer mehr vermisst, wird klar, dass Marco mit dieser chaotischen, verantwortungslosen Aktion nur sich selber schadet.
Das Drehbuch zu Dani Levys "Väter" basiert auf einer Reportage des "Spiegel"-Journalisten Matthias Matussek. In "Der entsorgte Vater" rechnet dieser politisch völlig unkorrekt mit der vaterlosen Gesellschaft ab, in denen den Müttern automatisch die Kinder zugesprochen werden und Männer verzweifelt, ohne Sorge- oder Besuchsrecht, zurückbleiben. Ein Messer in den Rücken der ohnehin immer leiser werdenden Feministinnen oder ein realistischer Blick auf den Zustand der zeitgenössischen Kleinfamilie? Bei Levy ist es vor allem Letzteres, was sicher zum grössten Teil dem Charisma der Mutter, gespielt von Levys Muse Maria Schrader, zu verdanken ist. Als unzufriedene, ewig nörgelnder Ehefrau, die dem armen Papi am Schluss auch noch den Sohn wegnehmen will, verkörpert sie eine undankbare Figur, der aber genügend Platz gelassen wird, sich zu entfalten und damit ihre Position auch zu rechtfertigen. Sebastian Blomberg als ewig gestresster Vater mit treuem Hundeblick, der es ja eigentlich allen nur recht machen will und auch noch den Beruf hat, den alle trendy Mittdreissiger in zeitgenössischen Filmen ausüben dürfen, mag dagegen nur bedingt zu überzeugen. Am Ende fühlt man mit mit der Mutter, was wahrscheinlich nicht Matusseks Ziel war.
Trotz einzelner dramaturgischer Durststrecken, zum Beispiel als Marco allein mit seinem Jungen das Vatersein zu erleben versucht und auf Pfadfinderromantik macht, entwickelt "Väter" stellenweise eine grosse Authenzität. Dies hat zwei Gründe: Seit dem Beginn seiner Karriere versucht der Regisseur Dani Levy stets aufrichtig und hautnah, wenn auch unterschiedlich treffsicher, die Befindlichkeit seiner Generation auf Film zu bannen. Auch in "Väter" schöpft er aus eigener Erfahrung: Er wurde erst kürzlich Vater. Gleichzeitig drehte er mit einer Digitalkamera: Die technische Reduktion auf DV wurde zwar von aussen diktiert, da die deutsche Filmförderungsgremien die Thematik für die Kinoleinwand für zu leicht und normal befanden und deswegen eigentlich fürs Fernsehen gedreht wurde. Durch die Nähe zu den SchauspielerInnen und die spontane Art des Drehens ergeben sich jedoch viele frische, überraschende Perspektiven, die "Väter" durchaus sehenswert machen.
Dein Film-Rating
Kommentare
Dem Erstschreiber schliesse ich mich teils an. Der Film ist bestimmer was fürs Hauptprogramm am Fernsehen. Er spricht genau die Problematik an welche immer noch tabuisiert wird.
Das es ein Deutscher Film ist, finde ich sehr gut, denn vorallem dort herrscht die verfilmte Dramaturgie noch viel härter statt.
Info: über 1 Mio. Väter können ihre Kinder nicht sehen!
Film also sehr empfehlenswert. (Ebenso eine website dazu: www.papi.li)… Mehr anzeigen
Das Thema spricht sicher nicht jeden an. Ich war an die Premiere mit gemischten Gefühlen gegangen. Was mir sehr positiv aufgefallen ist:
Kameraführung, Schnitt, Colorierung, Uebergänge,.... etwas vom Besten für so eine Produktion. Ob man den Film besser im Fernsehen oder im Kino bringen sollte, ist schwierig zu beurteilen. Wer vom amerikanischne Einheisbrei genug hat und ein gewisses Hinterfragen ins Kino mitbringt, wird begeistert sein. Viel Tramturgie gekoppelt mit Witz und Charme gibts auf jedenfall.
Ach ja, es gibt eben noch Filme wo man den Kopf oder besser dessen Inhalt gebrauchen muss oder sollte. Darum ist dieser Streifen auch empfehlenswert.… Mehr anzeigen
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