Filmkritik
Religiöser Zauber
Der Dokumentarfilm des Schweizer Photographen und Werbefilmers Alberto Venzago wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet. Das ist gut so. In seiner seit 1988 andauernden Beobachtung über die Wiege des Voodoo in Benin hat der Filmemacher gehörigen Respekt vor der Naturreligion entwickelt. Er nähert sich dem Phänomen mit vielsagenden Bildern und ohne den Versuch einer Erklärung.
Mehr als zehn Jahre lang reiste der Schweizer Photograph und Filmemacher Alberto Venzago immer wieder nach Benin. 1988 strandete er im kleinen Land an der afrikanischen Westküste mit Motorenschaden an seiner Vespa direkt vor einem Voodoo-Kloster. Seither lässt ihn Voodoo nicht mehr los. Rund 120 Stunden Film über die geheimnisvolle Naturreligion hat er in seinen diversen Besuchen zusammengetragen - und am Schluss daraus einen halbdokumentarischen Film geschnitten.
Ob es der havarierten Vespa oder eben doch Voodoo zu verdanken ist, dass Alberto Venzago im Tempel des grossen Voodoo-Priesters Mahounon bereits bei seinem ersten Besuch zu einem Schlüsselerlebnis kam, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen. Gewiss ist aber, dass Venzago von Mahounons Künsten tief beeindruckt war. Denn der Priester konnte nicht nur in die Zukunft sehen, er wusste auch Dinge über die Vergangenheit zu berichten, die er eigentlich gar nicht kennen konnte.
Venzago blieb einen Monat bei ihm. Doch bald wurde klar, dass auch diese Zeit nicht reichen würde, um wirklich etwas über die Gesellschaft zu erfahren, die als Mutterland allen Voodoos gilt. Von Benin aus hielt Voodoo Einzug in die halbe Welt. Denn der Voodoo-Glaube war oft das einzige, was Tausende Sklaven in Zeiten des Menschenhandel mit auf die Schiffe mitnehmen durften, die sie in die Fremde verschleppten.
In Benin ist Voodoo noch heute ein integraler Bestandteil des Alltags. Darum geht es in "Voodoo - Mounted by the Gods". Venzago will in seinem Film Voodoo nicht entzaubern, indem er aus einer westlichen Perspektive untersucht, wie und ob der Zauber wirkt. Vielmehr geht es ihm darum zu zeigen, wie die Menschen damit umgehen. Er verfolgt mit dem wachen Auge des anteilnehmenden Fotographen Rituale und Opferzeremonien und dokumentiert die Suche nach einem geeigneten Nachfolger für Voodoo-Priester Mahounon. Dem Film, der meist in schwarz-weiss gehalten ist, merkt man den Respekt an, den Venzago der Naturreligion entgegenbringt. "Voodoo - Mounted by the Gods" schafft zwar Einblicke und räumt Vorurteile aus dem Weg, aber der Film lässt der Religion auch ihr Geheimnis.
1988 hatte Alberto Venzago weder von Voodoo noch von seiner Vespa viel Ahnung. Heute ist das anders. Mittlerweile steht in seiner Wohnung ein ganzer Karton voller Voodoo Fetische - nicht alle davon sind blosse Andenken. Einige sind immer noch aktiv. Wie das geht? Erklären kann und will das auch Alberto Venzago nicht. Soll er auch nicht. Voodoo behält seinen Zauber.
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