Au sud des nuages Frankreich, Schweiz 2003 – 78min.
Filmkritik
Eine Kuh macht muh
Fünf Walliser gehen fremd, und trotzdem ist vieles unscharf am Railmovie des Romand Jean-Francois Amiguet. Als mittelmässigen Film, auf den die Schweiz auch verzichten könne, kanzelte ihn sogar das Magazin des Zürcher "Tagesanzeiger" ab. Hart, aber herrlich - und vollkommen zu recht.
Am Anfang steht eine Schnapsidee, dann wird es bierernst: Fünf Walliser, die ihr liebes langes Leben lang nie mehr geschaut haben als tief in ihr Fendant-Glas, reisen mit der transsibirischen Eisenbahn Richtung Peking. Zum Schluss sieht zwar nur einer (Bernard Verley) Chinas Hauptstadt, ein anderer (Francois Morel) fast. Aber für alle fünf ist es die berühmte Reise zu sich selbst.
Das tönt gewiss nicht nach unschaubar, und auch sonst lassen sich ein paar Nettigkeiten über das Railmovie von Jean-Francois Amiguet anführen. Der Film ist brav erzählt, kommt für einmal nicht aus Downtown Switzerland, hat also viel von Antitrend, zeigt ein Stück real existierender Schweiz, das es selten ins Kino schafft, sozusagen Albisgüetli in Scheinecht, und leistet gleichwohl eine Art Plädoyer für eine offene Schweiz. Und trotzdem, das schleckt keine Geiss weg, ist "Au sud des nuages" einer jener Schweizer Streifen, der vor allem viel Langeweile beschert, auch wenn er nur achtzig Minuten kurz ist.
Dass die Langeweile auch Programm ist, weil der Perspektive der Figuren geschuldet? Keine Frage. Und dass es Mut braucht, nur fünf Menschen, die nie einen ganzen Satz am Stück sprechen, zusammen in einen Zug zu setzen? Auch geschenkt. Das wahrhaft Enttäuschende an Amiguets Film ist, dass er sich noch nicht einmal die Mühe macht, das Klischee vom tumben Bauern aufzubrechen, obwohl er das Gegenteil behauptet. Wieviel Erzählzeit da nur schon mit der Exposition des Filmes verschwendet wird, ohne dass dem Zuschauer sich mehr einstellt als ein Aha: Bergbauern, und mein Gott, da wird aber viel im Weisswein ertränkt! Wenigstens drei der Hauptdarsteller sind nie mehr als Statisten, Schiessbudenfiguren, über die man zum Beispiel lachen soll, weil sie sich in Berlin nur den Zoo ansehen und daselbst sogar in Tränen ausbrechen, weil sie ihre Kühe vermissen. Na ja.
"Au sud des nuages" ist das Porträt jenes Menschenschlags, der immer, wenn er beim Zugfahren zum Fenster hinausschaut, zu sagen pflegt, das sieht ja genau aus wie bei uns, und dann den Laden schliesst, weil es ihm doch zu viel ist; Das Railmvoie ist ein bisschen Parodie auf das Reisen als Nichtreisen, und noch ein bisschen weniger der Hinweis, dass auch manche aus jener Schweiz sich gen Welt zu bewegen suchen, die nichts anderes kennen als die Schweiz.
Das ist alles ein bisschen dünn? Wie gesagt: Ein mittelmässiger Film, auf den man gut und gern verzichten kann.
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