Filmkritik
Auf dem Abstellgleis
Es ist schon eine Schande, wie schnell man zum alten Eisen gehört. Gestern war die Dampflokomotive 33 noch der Stolz des urugayischen Eisenbahnetzes, heute soll sie schon schnöde an Hollywood verkauft werden, um dort als Requisite für einen Historienschinken zu dienen.
Für die Mitglieder des Vereins «Freunde der Eisenbahn» ist dieser Ausverkauf der Heimat ein inakzeptabler Vorgang, ein Verrat an der ruhmreichen Vergangenheit ihres Landes; nicht zuletzt sehen die greisen Eisenbahnfreunde darin aber auch fehlenden Respekt vor dem Alter. Also beschliesst man, in Aktion zu treten und die Lok kurzerhand zu entführen.
Und so machen sich drei alte Männer und ein kleiner Junge auf, um ihren ganz privaten Kampf gegen die Globalisierung zu führen. Verfolgt von der Polizei und dem Besitzer der Lokomotive, der diese um jeden Preis wohlbehalten wiederhaben will, durchqueren sie das Land. Natürlich lässt sich die Presse eine solche Story nicht entgehen, und schon bald können sich die Zugentführer nicht über mangelnde Publicity beklagen und die Flucht wird zu einem wahren Triumphzug. Haupthindernis sind ohnehin weniger die Verfolger als die Probleme in der Gruppe, der Professor (Héctor Alterio) weiss alles besser, Dante (José Soriano) leidet an akuter Gedächtnisschwäche und Pepe (Federicco Luppi) will sich nicht von seinem Neffen trennen.
"El último tren" gehört in die Kategorie südamerikanisches Wohlfühlkino: Ein paar verschrobene Individualisten machen sich auf zu einer komplett verrückten Aktion, und am Ende - soviel ist schon von Anfang an klar - werden sie nicht nur das Publikum, sondern auch die Bevölkerung auf ihrer Seite haben. Südliche Lebensfreude - oder was man hierzulande so dafür hält -, kommt ja beim Publikum immer gut an, besonders, wenn das Ganze wie in diesem Fall noch mit ein wenig linker Nostalgie gewürzt wird.
Regisseur Diego Arsuaga ist mit seinem zweiten Film ein charmantes Stück Kino gelungen, vielleicht sogar ein wenig zu charmant und glatt. Man sieht sich das alles gern an, schmunzelt viel und lacht auch mal, aber insgesamt ist der Film doch zu vorhersehbar und nach Schema F gedreht. Dass "El último tren" dann doch mehr ist als reine Konfektion, liegt nicht an der Geschichte, sondern am hervorragenden Ensemble. Den drei alten Männern bei ihrem ständigen Streiten und Keifen zuzusehen, ist eine wahre Freude und tröstet darüber hinweg, dass der Plot wenig Originelles zu bieten hat.
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