Long Way Home Frankreich, USA 2002 – 87min.
Filmkritik
Mann im Training
Der erst 28-jährige Autor und Regisseur Peter Sollett hat mit seiner Mini-Budget-Produktion einen Überraschungserfolg gelandet. Im Gegensatz zu Kollege Larry Clark ("Kids", "Bully") zeichnet er ein durchaus romantisches Bild von grossstädtischen Teenie-Gehversuchen in Liebesangelegenheiten: Held Victor verletzt sich seine unschuldige Seele genauso wie die gleichaltrigen Kollegen von der Alp.
"Long Way Home" ist ein wahr gewordener Jungfilmer-Traum. Aus seinem Kurzfilm "Five Feet High and Rising", gedreht als Abschlussarbeit der Filmschule, hat Peter Sollett eine abendfüllende Version entwickelt und gleich ein unglaubliches Gespür für zwischenmenschliche Details bewiesen.
Süsse sechzehn ist Victor (Victor Rasuk), der sich waghalsig im Liebesleben erprobt und Schlachtfelder hinter sich zurücklässt. Manhattans Lower Eastside war sehr wohl bis vor kurzem ein raues Pflaster. Doch Sollett ist überhaupt nicht daran interessiert, sein Publikum darüber aufzuklären, wie schlecht es sich in Grossstädten als Teenager gedeiht. Seine Geschichte dreht sich vielmehr um die universellen Krämpfe in diesem von Kompromisslosigkeit geprägten Lebensalter, in welchem das kleinste Ereignis ein gigantisches Gewicht erhält.
Regisseur Sollett stellt seinen Helden als einen herzzerreissenden kleinen Macho in Ausbildung dar, der mit einer in Sekundenschnelle durchschaubaren Technik die lokalen Schönheiten am Pool aufzureissen versucht. Dank seiner Hartnäckigkeit kann er irgendwann auch beim Mädel seiner Träume - "Juicy Judy" (Judy Marte) - landen.
Die Sache kompliziert sich, als sein Familienleben in seine Balzerei verwickelt wird. Die kernige, alleinerziehende Grossmutter mit Haaren auf den Zähnen (Altagracia Guzman) will ihre Familie - Victors Bruder Nino (Silvestre Rasuk) und die launische Schwester Vicky (Krystal Rodriguez) - vor schlechten Einflüssen bewahren.
Es ist ein idealisiertes Gemälde einer am Existenzminimum lebenden Gemeinschaft, welches hier präsentiert wird. Doch Sollett zeichnet in diesem klaustrophobisch kleinen Haushalt ein feines Beziehungs-Netz nach - eine emotionale Wiege, die auf Grund eines simplen Missverständnisses zwischen Grossmutter und Enkel beinahe aus dem Gleichgewicht gerät.
"Long Way Home" geht besonders unter die Haut, weil Szenen, Dialog und Schauspiel natürlich und entspannt wirken: Die Film-jungfräuliche Besetzung, allen voran Victor und seine Grossmutter, wirkt magisch und erschliesst einen von der Zeit verschütteten Erfahrungsschatz neu.
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