Luther Deutschland 2003 – 123min.

Filmkritik

Deutschland sucht den Superreformator

Benedikt Eppenberger
Filmkritik: Benedikt Eppenberger

Joseph Fiennes spielt in einem 20 Millionen Euro teuren Kinofilm den deutschen Reformator und Bibelübersetzer Martin Luther.

Eine nicht sehr aufmerksame Schülerin stellte während des Geschichtsunterrichtes einmal die Frage, ob "dieser Luther denn nun katholisch oder reformiert" gewesen sei. Der Lehrer, welcher zuvor fast 20 Lektionen lang über Reformation und Gegenreformation geredet hatte, biss sich vor Wut in die Faust. Dabei war die Frage nicht nur einfach dumm gewesen. Schwierig nämlich ist es, Übersicht zu halten über die Reformationszeit und zu wissen, was denn dieser Luther eigentlich gegen Papst und Kirche einzuwenden hatte.

Für all die geplagten Schüler und Schülerinnen hat Regisseur Eric Till nun Abhilfe geschaffen. In der Form eines Spielfilmes, welcher die Schlüsseljahre Martin Luthers von 1507 bis 1530 abdeckt, bekommen die Zuschauer einen Schnellgang in Reformationsgeschichte geliefert. Doch nicht nur für lernwillige Schüler ist die Lektion gedacht, "Luther" will auch Breitenunterhaltung sein. Es schlagen denn gleich zu Beginn die Blitze rundum ein, ganz so, als wären wir wieder in Mittelerde. Doch der über die Landstrasse Irrende ist diesmal kein Hobbit, sondern der junge Mönch Martin Luther (Joseph Fiennes). Geplagt von Selbstzweifeln und übermächtigen Vaterfiguren, leidet er an einem Gott, der ihn an seiner verkündeten Liebe (ver)zweifeln lässt.

Im ruchlosen Rom erfährt Luther, wie sich der Ablasshandel zu einem einträglichen Geschäft entwickelt hat ("Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt"). Die Schamlosigkeit, mit welcher der Papst seinen prunkvollen Kirchenstaat ausbaut und sich gleichzeitig in weltlich-politische Händel einmischt, lässt im "deutschen Mönchlein" (Zitat Papst Leo X.) die Überzeugung reifen, dass die Kirche eine Reformation braucht. Während seines Theologiestudiums entwickelt er diesen Gedanken weiter. Zum Doktor gekürt wird Luther endgültig zur Gefahr für die Amtskirche, und Rom versucht ihn mundtot zu machen. Doch inzwischen hat der Glaubenskämpfer auch Förderer und Verbündete gewonnen, die seine Gedanken unters Volk bringen. Der Papst bietet Kaiser, Kardinäle und Kurfürsten gegen ihn auf. Doch Luthers Reform ist nicht mehr aufzuhalten.

Glutäugig, als Mischung aus Jesus und Taliban, leidet sich Joseph Fiennes durch die anbrechende Neuzeit. Unterstützt wird er dabei von einer ansehnlichen Schar internationaler Mimen wie Peter Ustinov, Bruno Ganz und Uwe Ochsenknecht. An ihnen liegt es kaum, dass die Produktion trotzdem etwas verstaubt und ohne Eigenleben daher kommt. Eng, zu eng ist das didaktische Korsett und zuviel Information muss in zu wenig Film untergebracht werden. Die innere Motivation der Hauptakteure bleibt - trotz heftiger Gestikulation und holzschnittartiger Dialoge - im Dunkeln. Atemlos hechelt man durch die Jahrzehnte, ganz so, als gelte es im Cupverfahren den Superreformator zu küren. Was man im 16. Jahrhundert ausser unlauterer Geschäftsführung sonst noch gegen Papst und katholische Kirche hätte vorbringen können, darüber kriegt der Zuschauer kaum Auskunft. Gezeigt wird Martin Luther als brillanter Tatenmensch, der ganz einfach immer nur das Beste wollte: ein Supertyp, ein Superreformator.

17.02.2021

3

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Kommentare

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Gelöschter Nutzer

vor 20 Jahren

Schon nur wegen Sir Peter Ustinov (leider seine letzte Rolle!) muss man diesen Film anschauen! Zumal man die Geschichte von Luther auffrischen und aus einem anderen Aspekt begutachten kann (in der Schule hat man zum teil ja lieber aus dem Fenster geschaut bei diesen Geschichten)! Einfach ein Top-Film (mit wahrer Begebenheit)! Ich kann Luther nur Empfehlen!Mehr anzeigen


tropicosun

vor 20 Jahren

Diese Woche sah ich denn Film, und muss sagen er ist recht gut gemacht.
Vor allem wenn man sich mit diesem Thema auseinander setzt Denn was die katholische Kirche tat war schon recht erschreckend. Das Evangelium so vorzuenthalten das die einfachen Leute nicht einmal das Wort prüfen konnten.
Und alles so hinnehmen mussten wie es Ihnen gerade gesagt wird. Und doch beeindruckt mich auch Luther wie Er zum Wort Gottes stand und es nicht einfach verleugnete. Er begriff auch dass es eine persönliche hinwendung zu Gott notwendig ist, um Erlöst zu sein vor dem ewigen Tod Und daher schrieb Er die Bibel auf Deutsch respektive Übersetzte er sie weil sie ja bis anhin noch nicht gab.Mehr anzeigen


foxpyt

vor 20 Jahren

glaubwürdig


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