Filmkritik
Das Herz einer Hit-Maschine
Lange vor Hip Hop und Eminem wurde in der Motoren-Stadt Detroit Musikgeschichte geschrieben: Marvin Gaye, The Temptations oder die Supremes waren die grossen Stars des legendären "Motown"-Labels. Paul Justman widmet seine Dokumentation jenem Musikerkollektiv, das hinter sämtlichen Hits und dennoch nie im Rampenlicht stand.
Motown Records hatte mehr Nummer-Eins-Hits als die Beach Boys, die Rolling Stones, Elvis und die Beatles zusammen - das verkündet eine dramatische Sprechstimme gleich zu Beginn des Films. Doch eine Umfrage unter musikbegeisterten Plattenladen-Kunden beweist: Niemand kennt die Musiker, die hinter der grössten Pop-Hit-Maschine aller Zeiten standen.
Sie nannten sich "Funk Brothers", waren von irgendwo her auf der Suche nach Arbeit in der boomenden Autoindustrie Mitte der Fünfziger Jahre nach Detroit gekommen und hatten gemeinsame musikalische Wurzeln im Jazz. Vierzig Jahre später wirken die Überlebenden - trotz der Ungerechtigkeit, die ihnen widerfahren ist - beinahe unheimlich jung und frisch.
Doch Autor Paul Justman mag es lieber "wie im Kino". So wird die Geschichte der Funk Brothers - von den kreativen Tagen im legendären "Snake Pit"-Studio bis zum unschönen Ende, als Motown nach Los Angeles transferierte - mit Hollywood'scher Hypersentimentalität übergossen, die Bescheidenheit der Musiker zum Drama aufgedonnert:
Nachgestellte Szenen und Kommentare sollen den an sich schon ergreifenenden, wenn auch nachlässig aneinandergereihten Anekdoten der Veteranen etwas nachhelfen. Historisches Filmmaterial ist, aus welchen Gründen auch immer, kaum dabei. Dafür ist mit den überlebenden Musikern eine Studio-Wiedervereinigung mit diversen Gastmusikern (von der quirligen Chaka Khan, dem ewig ernsten Ben Harper bis zum schrillen Bootsy Collins) inszeniert worden.
Es ist vertrackterweise aber jenes neue Livematerial, wo erneut schillernde Namen im Fokus sind, das der automatisiert wirkenden Dokumentation etwas Leben einhaucht und die ewigen Akteure im Hintergrund am glorreichsten erscheinen lässt. Dabei wird überdeutlich, dass der Kooperativen-Charakter ihrer Verbindung nicht wirklich kompatibel ist mit dem starproduzierenden System, das ihre Musik gefördert hat.
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