Cachorro Spanien 2004 – 100min.

Filmkritik

Als wärs der eigene Sohn

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Der Spanier Miguel Albaladejo räumt mit Vorurteilen auf. Auch Schwule können verantwortungsvolle Väter sein. Sein unzimperlicher authentischer Szene-Einblick wird zum Plädoyer für Liebe jenseits aller sexuellen Neigungen.

Die Eingangssequenz gibt den Takt an: Zwei Männer lieben sich. Zahnarzt Pedro (Jose Luis Garcia-Perez) geniesst sein Leben in Madrid - lustvoll und tabulos. Seine Liebhaber wechseln. Das ungebundene Dasein ändert sich jedoch, als seine Schwester Violeta ihr Söhnlein Bernardo (David Castillo) beim Bruder ablädt. Sie, ein Spät-Hippie, geht mit ihrem Freund auf Indientrip - und wird mit Drogen erwischt. Das bedeutet Knast - jahrelang. Und Pedro hat mit dem elfjährigen Neffen ein langfristiges Problem am Hals.

Pedro nimmt die Herausforderung an und findet Gefallen am Zögling, an neuer Verantwortung und seiner Vaterrolle. Aus Not machen die beiden eine Tugend: Der traumatisierte Knabe und der schwule Zahnarzt mit seinem "abseitigen" Freundeskreis kommen sich näher, sie mögen sich. Doch dieses "Treiben" ist der konservativen Dona Teresa (Ampar Ferrer), Grossmutter von Bernardo, ein Dorn im Auge. Sie kappt die Beziehung, stellt Pedro ins Abseits und versorgt Bernardo in einem Internat.

Regisseur und Autor Miguel Albaladejo zeigt die Schwulenszene ungeschminkt. Keine Homo-Schickeria, keine Tuntenshow, keine Modefreaks oder Adonisse, sondern bärtige Männer, rundlich, nicht mehr ganz jung, auch nicht besonders sportlich oder attraktiv - eigentlich normale Mannsbilder, die eben auf Männer stehen. Sie nennen sich "Los osos" (die Bären) - eine Subkultur, die in Madrid existiert. Eine Bewegung, die natürlich von der amerikanischen Westküste kommt.

Albaladejo macht uns mit der Szene bekannt und setzt sich in seinem Familienmelodrama vehement für schwule Väter ein, denen man nicht a priori Erziehung und väterliche Verantwortung entziehen und vorenthalten darf. Es gibt herrliche Partyszenen, subtile intime Momente zwischen Onkel und Neffe, aber auch einen ärgerlichen Schluss auf einem Friedhof, der in Klischees badet. Dieses Pseudo-Happyend kostet "Cachorro" zwar insgesamt keine Sympathie, aber einige Pluspunkte. Ein Film auch, den man nicht einfach in die rosarote Schwulen- oder Lesbenecke drängen sollte. Alltägliche ehrliche Gefühle werden gross geschrieben - egal ob schwul oder hetero.

17.05.2004

4

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Kommentare

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ury

vor 20 Jahren

Wunderbarer Film


shbear

vor 20 Jahren

Der Film ist echt gut. Er zeigt vorallem auch auf, dass schwule Männer nicht wie immer einseitig von den Medien berichtet tuntig, dünn, unbehaart, schrill und jung sein müssen. Bärige Männer wie im Film gibt es weltweit. Auf allen Kontinenten gibt es "Bärenvereine" übrigens auch hier in der Schweiz (www. swissbears. ch): -)Mehr anzeigen


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