Collateral USA 2004 – 122min.
Filmkritik
L. A. singt den Blues
Eine Nacht lang wird ein Taxifahrer zum Privatchauffeur eines Auftragskillers. Die Lichter der Grosstadt, das Reden über Leben und viele Morde hüllen die beiden in eine sanfte Melancholie.
17 Millionen Menschen leben in Los Angeles, so viele, dass sich niemand um einen Toten in der U-Bahn schert. Stundenlang sei eine Leiche immer wieder dieselbe Strecke gefahren, ohne bemerkt zu werden. Besucher Vincent (Tom Cruise) erzählt diesen Urban Myth seinem Taxifahrer Max (Jamie Foxx), als müsse er ihn darüber aufklären, in welch maroder Stadt er lebt.
Da weiss Max freilich noch nicht, dass Vincent den Wert des Lebens nur in Dollars berechnet. Mit seinem silbergefärbtem Haar und dem grauen Anzug, mit den ebenmässig-unauffälligen Zügen gibt Cruise den idealen Auftragskiller: ein Mann, den die Architektur schluckt, an dessen Gesicht sich niemand erinnern wird und dessen Bewegungen ungleich geschmeidiger sind als sein abgehacktes Sprechen. Vincent soll im Auftrag eines Drogenkartells in einer Nacht fünf Menschen umbringen, von denen in einem Prozess Gefahr droht: Kronzeugen, Ankläger, Anwältin.
Wie bereits in "Heat" lässt Regisseur Michael Mann Los Angeles zur eigentlichen Hauptfigur werden. Er zeigt uns den Moloch und nicht die Traumfabrik - und gleichzeitig auch eine aufrichtige Poesie jenseits des Glamours. Vermeintlich um Zeit zu überbrücken, lädt Vincent seinen Chauffeur wider Willen in einen Jazzklub ein. Der weisse kaltblütige "Manhunter" entpuppt sich als Musikkenner und -liebhaber, während der schwarze Träumer mit Jazz nichts anzufangen weiss. Mann versteht es, die Tempi zu wechseln und die Stimmungen der Nacht auszuloten, als sei der Film selbst ein Musikstück voller Rhythmuswechsel.
"Collateral" ist ein einziges Spannungsfeld: Weiss trifft auf Schwarz, gut auf böse, Leben auf Tod (und in einem Nebenstrang auch das LAPD auf das FBI), und in einer atemberaubenden Aufnahme auch Natur auf Blech. Aus dem Dunkel tauchen Kojoten auf, die den Asphaltdschungel zurückerobern: Was sind schon Menschen, was Morde, im Angesicht der Millionen Sterne, Millionen Jahre Evolution, scheinen sie mit Vincent zu denken.
Dem hält Max seine Menschlichkeit entgegen, auch seine Weichheit und Naivität. Doch der vom Komiker Jamie Foxx genial verkörperte Fahrer lernt, sich seinem Gast anzupassen - sei es auch bloss aus Überlebensinstinkt. Und stellt schliesslich entgeistert fest, dass der Killer keine Ahnung hat, was in anderen Menschen vorgeht.
Auch wenn prägnante Nebenfiguren auftauchen - Jada Pinkett Smith als kontaktfreudige Juristin, der wunder- und wandelbare Mark Ruffalo als cleverer Cop - ist "Collateral" im Kern ein zweistündiges Zwiegespräch, untermalt von den Nachtaufnahmen eines menschenleeren L.A. Wenn es dämmert, wird nicht nur Vincents Körper Risse zeigen - er erkennt, dass das Leben mehr als nur materiellen Wert hat, auch wenn der Mensch bloss ein Punkt unter Millionen ist.
Dein Film-Rating
Kommentare
Ein sehr packender Thriller mit Tom Cruise und Jamie Foxx in den Hauptrollen, der den Spannungsbogen zwar nicht dauerhaft aufrechterhalten kann, aber dennoch zu überzeugen weiss. Dies liegt nebst den Darstellern vor allem auch an den tollen Bildern von Los Angeles bei Nacht.
7.5/10
Gelöschter Nutzer
Verfasst vor 9 Jahren
Ein feiner Thriller. Kalter Profi und sensibler Taxifahrer. Beide wollen etwas anderes machen aus ihrer Karriere. Ist dies die Nacht der Entscheidung?
Genialer Thriller! Solide Leistung der Schauspieler und das wudnerschöne Los Angeles
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