Mar Adentro Frankreich, Italien, Spanien 2004 – 125min.
Filmkritik
Zum Leben verdammt
Er ist seit einem Viertel Jahrhundert gelähmt und ans Bett gefesselt: Der gelähmte Ramón kämpft und lebt, um in Würde zu sterben. Das aufwühlende spanische Melodram von Alejandro Amenábar hat nun auch einen Oscar gewonnen.
Er liebte das Meer. Ramón (Javier Bardem) war Seemann. Ein unbedachter Sprung von einem Küstenfelsen in Galizien änderte sein Leben dramatisch, damals vor über 27 Jahren. Er prallte auf den Meeresboden und brach sich das Rückgrat. Vom Hals abwärts gelähmt, ist er seither aller Freiheiten beraubt. Manchmal träumt sich der Unbewegliche fort, schwebt zum Atlantik und lässt sich vom Klang der Wellen berauschen. Manchmal schliesst Ramón auf einem seiner Fluchtträume auch eine Frau in die Arme. Die seelenverwandte Anwältin Julia (Belén Rueda) aus Barcelona, die selber schwer krank ist und Ramón zu lieben scheint, bemüht sich, dessen letzten Wunsch und Willen auch juristisch durchzusetzen: Der lebensmüde Gelähmte, der sich in seinem eigenen Körper gefangen fühlt, ist fest entschlossen, in Würde zu sterben. Sein Credo: «Leben ist Recht und keine Pflicht.»
Die sozial engagierte Pflegerin Gené (Clara Segura), Vertreterin der «Gesellschaft für würdiges Sterben», unterstützt sein Begehren. Aber Ramóns Bruder widersetzt sich, auch die Schwägerin Manuela (Mabel Rivera), die ihn umsorgt, mag den Freitod-Plan nicht unterstützen. Rosa (Lola Duenas), die Arbeiterin aus dem Dorf, versucht Ramón von seinem Vorhaben abzubringen, ihm neuen Lebenssinn zugeben. Auch sie liebt ihn. Und doch setzt sich Ramón gegen alle Widerstände durch: Er setzt am 12. Januar 1998 seinem Leben ein Ende.
Alejandro Amenábars Film hat in Spanien zu heftigen Diskussionen über Sterbehilfe und Selbstbestimmung geführt. Das engagierte Melodram, feinfühlig und genau in Szene gesetzt, basiert auf einer wahren Geschichte. Der Regisseur ertränkt das tragische Kammerspiel aber nicht in Tristesse und Mitleid. Er mischt ihm eine poetische, ironische und romantische Note bei. Grosse Gesten werden vermieden. Es sind die kleinen Zeichen und Szenen, die unter die Haut gehen: Ramóns intime Momente mit Julia und Rosa, seine Begegnung mit einem ebenfalls an den Rollstuhl gefesselten Priester und sein unbeirrbarer Wille, endgültig ins Meer abzutauchen.
Das Drama über Todessehnsucht und Lebensrecht ist bestes Gefühlskino, ergreifend und gefühlsstark, ohne je kitschig zu wirken. Die individualistische Fallstudie wird vor allem von Javier Bardem als Ramón, dem wachen Geist in einem toten Körper, getragen und geprägt. Grandios und authentisch von der Haarwurzel bis zur Fingerspitze. Das beeindruckende Plädoyer für Selbstbestimmung sollte jedoch nicht als Absolution für uneingeschränkte Sterbehilfe interpretiert werden. Hier geht es um den Einzelkämpfer Ramón, der das Recht auf Sterben für sich in Anspruch nimmt. Nach 14 Goyas, zwei Löwen in Venedig, dem Europäischen Filmpreis 2004 und einem Golden Globe gewann das Meisterwerk, das sich in die Seele brennt, auch den Oscar für den besten nichtenglischsprachigen Film.
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Kommentare
Selten wurde ich von einem Film so mitgerissen. Also absolut empfehlenswert
Ich fand den Film zwar ganz ok, vor allem von den Bildern her und auch die Schuaspieler haben eine gute Leistung erbracht, aber insgesamt war er einfach zu kitschig
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