Filmkritik
Cool Kids
Wenn ein Regisseur als mexikanischer Jim Jarmusch angepriesen wird, sind die Erwartungen - aber auch die Skepsis - gross.
Es ist Sonntagnachmittag in Mexiko City und Moko und Flama haben sich, mit Chips und Cola bewaffnet, auf einen gemütlichen Nachmittag vor der XBox eingestellt. Doch daraus wird nichts - zuerst kommt die Nachbarstochter und braucht "nur ganz kurz" den Ofen, dann bereitet ein Stromausfall den Spielfreuden ein jähes Ende, und schliesslich gibt es noch Streit mit dem Pizzakurier, der sich weigert, wegen elf Sekunden Verspätung auf die Bezahlung zu verzichten.
"Temporada de Patos", der Erstling des Mexikaners Fernando Eimbcke, wird bereits mit den Filmen Jim Jarmuschs verglichen, und tatsächlich gibt es, über die Liebe zum Schwarzweiss hinaus, viele Gemeinsamkeiten. Wie Jarmusch inszeniert auch Eimbcke in seinem Film die Leere mit lakonischem Witz. Über weite Strecken hinweg geschieht wenig bis nichts in seinem Film, sitzen die Protagonisten regungslos rum, werfen sinnlos Bälle in die Luft oder betrachten einen tropfenden Wasserhahn. Man ist zu cool, um aktiv zu werden, will auf keinen Fall zu viel Engagement zeigen.
Anders als bei Jarmusch entspringen die Protagonisten von "Temporada de Patos" aber nicht der amerikanischen Filmmythologie, sondern sind ganz normale pubertierende Jugendliche. Ihre Coolheit ist eine vorgespielte, unter der abgeklärten Oberfläche verbirgt sich Unsicherheit und Desorientierung. Moko und Flama haben wie alle ihre Altersgenossen mit den Problemen des Erwachsenwerdens zu kämpfen. Dieses zeitlose Thema wird in vielen Filmen auf sehr pathetische Weise dargestellt, doch Eimbckes Kunstgriff besteht darin, dass er die gängigen Adoleszenz-Klischees unterläuft und mit seiner lakonischen Minimalästhetik dagegenhält.
Zwar behandelt "Temporada de Patos" die üblichen Pubertätshemen wie Sexualität, Identitätsfindung und Drogen, dank seiner unterkühlten, immer leicht ironischen Darstellungsweise, wirkt der Film aber nie kitschig oder bedrückend, sondern im Gegenteil charmant-witzig. Zwischendurch hängt der Film zwar ein bisschen durch, da wären ein paar Abblenden weniger vielleicht nicht nicht schlecht gewesen, insgesamt ist Eimbckes Einstand aber ein äusserst gelungener kleiner Film über die Schwierigkeiten, bei einem Stromausfall die Haltung zu bewahren.
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