The Aviator Deutschland, USA 2004 – 170min.
Filmkritik
Der amerikanische Patient
Als grosses und teures Kino bringt Regisseur Martin Scorsese das frühe Leben des Geschäftsmannes, Testpiloten, Flugzeugkonstrukteurs und Hollywood-Moguls Howard Hughes auf die Leinwand.
Es ist ein zitatenreicher Bilderbogen, den Filmemacher Martin Scorsese um die erste Lebenshälfte (1927 - 1947) des texanischen Geschäftsmanns Howard Hughes spannt, und der aufzeigt, wie der Mann sich bereits in jungen Jahren als Testpilot, Flugzeugkonstrukteur, Filmproduzent und busenfixierter Frauenbetörer hervortat. Diese «normalen» Eigenschaften verbanden sich später allerdings mit einer veritablen Macke - der panischen Angst vor Keimen und bakteriellen Erregern -, die ihm, so zumindest suggeriert es der Film, als Kind von einer überfürsorglichen Mutter eingeimpft worden war.
«The Aviator» präsentiert die grotesken Auswüchse, die diese Phobien schliesslich zeitigten, in einem Frühstadium. Der späte, nach wie vor superreiche und paranoide Howard Hughes, der während Jahren nackt in einem Hotelzimmer eingeschlossen und von Mormonen versorgt düster vor sich hingammelte, lässt sich vorerst nur erahnen. Was Scorsese sichtbar macht, ist der frühe Hughes, wie er in seinen Vierzigern um die Realisierung von Visionen kämpft und gleichzeitig die Dämonen, die ihn quälen, mit rastloser Arbeit und der ewigen Jagd nach neuen Rekorden in Schacht zu halten versucht.
Die Besetzung der männlichen Hauptrolle mit dem immer noch jungenhaft wirkenden Leonardo DiCaprio (30) war zweifellos ein riskantes Unterfangen. Doch der Titanic-Star schafft es, aus seiner (Baby)-Haut zu fahren und dem energischen Hughes glaubwürdig Profil zu verleihen. So spielt er den exzentrischen Multimillionär als turbogeladenen Macher, der Rekorde bricht, gleichzeitig von seinen Angestellten ein «Das geht nicht» niemals akzeptiert und notfalls über Leichen geht. Als Hughes verkörpert DiCaprio die faszinierenden Tag- und pathologischen Nachtseiten des amerikanischen Traums in Personalunion, und Scorsese breitet diese Besessenheit in einer Abfolge grossartig choreografierter Set-Stücke aus.
Seine Leidenschaft für Flugzeuge verfolgte Hughes ähnlich besessen wie jene für schöne Frauen aus dem Showbiz. Dabei testete er alles und alle. Seine selbst konstruierten Flugmaschinen trimmte er auf Rekordgeschwindigkeiten, wobei ihm eine Weltumrundung gelang, die damals so frenetisch gefeiert wurde wie zuvor nur der Atlantikflug von Charles Lindhberg. Auch im Frauenverschleiss belegte Hughes Spitzenplätze. Die Phasen des Erfolgs dokumentiert «The Aviator» allerdings nur in kurzen Augenblicken und von kalten Blitzlichtgewittern begleitet. Die eigentliche Betonung liegt auf den Episoden, die den Milliardär scheitern und an unüberwindbare Grenzen stossen liessen.
Die zwei Hollywood-Göttinnen Katharine Hepburn (Cate Blanchett) und Ava Gardner (Kate Beckinsale) versuchte Hughes mit grossem emotionalem Aufwand an sich zu binden. Es muss wohl Liebe gewesen sein, und Scorsese inszeniert das ewige Hin und Her, Anziehung und Ablehnung als herzergreifendes Melodrama mit tragischer Note. Spektakulär dann die Aufnahmen von der Katastrophe, die Hughes verursachte, als er mit seinem neu konstruierten Spionageflugzeug beim ersten Probeflug ausgerechnet ins glamouröse Beverly Hills hinein krachte. Der Aviator ging haarscharf am Tod vorbei. Die Szene mit Hughes, der in der von ihm in Trümmer gelegten Glamourwelt aus dem Flugzeugwrack kriecht, ist an Sinnbildhaftigkeit denn auch schwer zu übertrumpfen.
Was «The Aviator» abschliessend noch bietet, ist der Kampf des Überfliegers gegen das Quasi-Monopol der US-Fluglinie PanAm sowie ein letztes Aufglühen der alten Leidenschaft, als der Flugpionier das von ihm entwickelte, aber lendenlahme Army-Riesenflugzeug «Spoose Goose» im Hafen von San Francisco einige Minuten über Wasser halten kann. Hier gewinnt er seine letzte Wette, bevor die Umnachtung einsetzt und das paranoide Hughes-Ich komplett das Kommando übernimmt. In diesem Sinne endet «The Aviator» - trotz aller Tragik - für einen Scorsese-Film überraschend heiter. Ein erstes Anzeichen für Altersmilde?
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Kommentare
sehr starke film über howard hughes obschon es fast auf seine mentale krankheit fixiert wie hughes selber darauf fixiert war.... komisch das dicaprio für diese rolle gewählt war aber es lauft but zwischen scorsese und dicaprio... er hat nicht die presence und dunkelheit ins gesicht, die schwerere stimme... aber er machts unerwartet gut... die szene vorm gericht, ich war erstaunt... perfekt aufgebaute stilvolle biopic von scorsese… Mehr anzeigen
Mich hat der Film absolut überwältigt. Nicht viele Schauspieler hätten den psychisch kranken Howard Hughes so glaubwürdig und realistisch verkörpern können.
Auch Cate Blanchett und Kate Beckinsale sind genial in ihren Rollen.
Ich kann ausserdem nicht verstehen, wieso manche Leute den Film als langweilig und zu wenig actionreich bezeichnen. Es ist nun mal eine Biografie und die Action steht nicht im Vordergrund.… Mehr anzeigen
.. ist ja Leo kein schlechter Schauspieler, aber dieser Film war definitiv langweilig und somit frühzeitig beendet.
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