Filmkritik
Liebenswürdiges Kaufhaus-Abenteuer
Ein sympathischer Kinderfilm zwischen Sozialdrama und Märchen: Im holländischen Warenhausabenteuer "Lepel" muss ein siebenjähriger Knirps einen herben Verlust verdauen und der Realität ins Auge schauen. Das gelingt dank einer Freundin und einem verliebten Verkäufer, der über sich hinauswächst.
Da sitzt er in einem dunklen Zimmer und sortiert ganze Berge von Knöpfen. Unter der strengen Aufsicht der herrischen "Grossmutter" Koppenol (Loes Luca). Die triezt ihn ganz schön und spannt ihn auf ihren Knopf-Raubzügen im Kaufhaus ein. Der siebenjährige Lepel (Löffel) ist unglücklich und sehnt sich nach seinen Eltern, die irgendwann mit einem Heissluftballon entschwanden.
Der Knirps (Joep Trjen) hat eine spezielle Begabung: Er ist ein Genie im Kopfrechnen. Diese Fähigkeit weckt auch beim Lehrer Bijts (Kees Hulst) Gelüste; er will mit dem Zahlengenie Lepel eine Schulwettbewerb gewinnen. Als der Knabe im Kaufhaus verschwindet, machen Knopfhändlerin Koppenol und Bijts Jagd auf Lepel. Der hat sich im Kaufhaus-Versteck des Waisenmädchens Pleun (Neeltje de Vree) eingenistet. Die neue Freundin öffnet ihm die Augen: Lepel muss sich der Tatsache stellen, dass seine Eltern wohl tot sind und die Grossmutter eine Hochstaplerin ist, die ihn nur ausbeutet.
Die Sehnsucht nach seiner Mutter ist gross. Davon lässt sich Lepel nicht abbringen. Der sympathische Verkäufer Max (Barry Atsma) verspricht ihm, eine tolle Mutter zu finden, und stellt dazu einiges in seiner Kleiderabteilung an. Und die burschikose Freundin Pleun trägt vieles dazu bei, dass Lepel Geborgenheit findet, Max über sich hinauswächst und bei seiner angehimmelten Chefin Broer (Carice van Houten) auf dem Beifahrersitz landet.
Der sympathische holländische Film von Willem van de Sande Bakhuyzen ist von Hollywood so weit entfernt wie Oliver Twist von Harry Potter. Das mag manchen erwachsenen Betrachtern altmodisch vorkommen, man kann diesem modernen Märchen auch zu wenig Ironie, Action oder Spass vorwerfen. Doch letztlich hat das unspektakuläre Kaufhaus-Abenteuer mit leichtem Ralley-Touch eine Qualität, die nur der europäische Film hervorbringt.
"Lepel" ist ein herzhaftes, liebevoll arrangiertes Sozialdrama und Märchen. Die Kinder kommen zu ihrem Recht. Die Erwachsenen sind sowohl Monster, die ins Nirgendwo geschickt werden, als auch wunderbare Kameraden, die ein Herz für Kinder haben. Das kindliche Abenteuer über Sehnsüchte, Sorgen, Verlust, Geborgenheit und Zuneigung ist eine holländisch-deutsche Koproduktion, die frisch und optimistisch daher kommt. Teilweise wurde in Thüringen und Sachsen gedreht. Und am Ende steht ein Wegweiser, der die Hoffnungen auf einen Punkt bringt: Afrika 8532 km.
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