Henker Österreich, Deutschland, Ungarn, Luxemburg, Schweiz, Grossbritannien 2005 – 109min.
Filmkritik
Oberflächliches Mittelalter
Tirol, gegen Ende des Mittelalters. Zwei alte Freunde - der eine Söldner und Henker, der andere Klosteroberer - werden in den Inquisitionswirren des Reformationszeitalters zu bitteren Feinden. Simon Aeby, der Regisseur von "Das Fähnlein der sieben Aufrechten", bastelt einmal mehr an historischem Stoff rum - das Resultat ist wahrlich keine Haute Couture.
Die Waisenjungen Martin und Georg werden in der Klosterschule zu engen Freunden. Doch Ersterer wird wie viele Findelkinder als Söldner eingezogen, während Georg unter den Fittichen des Erzbischofs seinen Weg innerhalb der Klostermauern geht. Fünfzehn Jahre später stehen sich die beiden erneut gegenüber, getrennt durch die Glaubensmauern der katholischen Kirche. Auch im Tirol nach 1600 ist es die Zeit der Reformation nach Luther und jene der so genannten Täufer, eine reformatorische Bewegung die ihren Ursprung in der Zwingli-Stadt Zürich hat. Die katholische Kirche begegnet den aus ihrer Sicht ketzerischen Entwicklungen mit harter Repression. Als sich Martin nach seiner Rückkehr aus dem Kriegsdienst in die Tochter des örtlichen Henkers verliebt, besiegelt er seine gesellschaftliche Randständigkeit. Als Mann einer Ausgestossenen und getraut durch die Hand eines Täufers bleibt ihm nur noch der Beruf des Henkers und die Konfrontation mit der katholischen Kirche. Jene Institution, für die er wohl gemerkt Todesurteile an vermeintlichen Ketzern zu vollstrecken hat.
Der Berner Simon Aeby wagt sich in seiner vierten Regiearbeit bereits zum zweiten Mal an einen historischen Stoff. Nach dem Alpen-Western "Das Fähnlein der sieben Aufrechten" frei nach Gottfried Keller steht diesmal das Genre des Historiendramas auf dem Programm. Leider genügt "The Headsman", eine österreichische Produktion mit Schauspielern u.a. aus England, Deutschland, Dänemark und Frankreich, den Ansprüchen dieser Braveheart-Sparte nicht. Dies liegt in erster Linie am überfrachteten Drehbuch. Die TV-Drehbuchautorin, die "Henker", so der deutsche Verleihtitel, geschrieben hat, bekundete offensichtlich Mühe, die Ausgangslage der Geschichte zweier Freunde, die durch die Umstände der damaligen Zeit zu Feinden werden, kurz zu halten. Nach dem ersten Filmdrittel weiss man als Zuschauer nicht mehr wo einem der Kopf steht. Jede Entwicklungsstation wird mit einer Szene abgespeist, wohl keine länger als zwei Minuten. Kaum hat sich der Kopf wieder beruhigt, findet man sich in einem Setting wieder, welches sich aller typischen Umstände und Klischees dieser Zeit bedient. Das hat zur Folge, dass Aspekte der Reformation, Inquisition, Trennung von Kirche und Staat, Korruption, Pädophilie und Homosexualität in Klerikerkreisen nur ansatzweise verarbeitet werden. Auch die teils recht plumpe, explizite Gewalt ist wohl bezeichnend für das Mittelalter, erweisen dem Film aber eher einen Bärendienst.
Die Pressemappe bezeichnet das Leben der beiden Protagonisten "als Spiegelbild einer Gesellschaft im Umbruch". Leider konzentriert sich "The Headsman" zu stark aufs Spiegeln und verpasst es, die Hauptprotagonisten feiner herauszuarbeiten und ihr Schicksal in den Wirren dieser Zeit wirklich sichtbar zu machen.
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Kommentare
Habe all seine Filme gesehen des Schweizer Ausnahme Talents Simon Aeby. Man wird noch von ihm hören dass kann ich garantieren. Die schweizer Filmförderung sollte mehr solche Regisseure wie Simon Aeby unterstützen.
Der Film entspricht meines Erachtens den historischen Gegebenheiten der damaligen Zeit. Der Film ist zeitgenössisch professionell inszeniert. Die öffentliche Kritik von cineman ist ungerechtfertigt, der Film ist echt sehr viel besser.
Selten hat ein Schweizer derart grosses Kino auf die Leinwand gebracht. Tolle Schauspieler, tolle Kamera, tolle Musik... alles stimmt hier in diesem packenden Mittelalterdrama.
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