Filmkritik
Sozialfall-Samurai
Yoji Yamada widmet sich auch im letzten Teil seiner Samurai-Trilogie der profanen Seite des Lebens einer vom alten Ruhm zehrenden Kaste im Niedergang. Schwerter sind zwar nur noch für Duelle im Gebrauch, aber trotzdem wird ein junger Samurai bei einem Arbeitsunfall zum Invaliden. Vielleicht kann ihn seine Schwertkunst dennoch retten.
Knackpunkt ist diesmal der Konflikt zwischen Ehre und freiwilligen und vermeintlich erzwungenen Liebesdiensten. Shinnojo, ein Samurai niederen Ranges, ist glücklich verheiratet, aber mit seiner neuen Aufgabe als Vorkoster bei Hofe unzufrieden. Stellvertretend für die Diskrepanz zwischen Lebenswirklichkeit und tradiertem Ansehen stehen einerseits die verklärende Vorstellung, die seine Frau von seiner Tätigkeit hegt, und andererseits seine ernüchternde Schilderung davon.
Er schmiedet bereits konkrete Pläne, wie er sich als Selbständiger diesem langweiligen und demütigenden Alltagstrott entziehen könnte, der nichts mit seiner hervorragenden Ausbildung zum Schwertkämpfer zu tun hat, da macht ihm ein Unfall einen Strich durch die Rechnung. Hatte ihn seine Frau bereits vorher bei seinen Gedankenspielen unterstützt, indem sie einen niedrigen Lebensstandard in Kauf genommen hätte, so steht sie nun wieder fest an seiner Seite, da er wirklich auf ihre Hilfe angewiesen ist. Kleine gegenseitige Heimlichkeiten, ein dubioses Hilfsangebot eines mächtigen Hofschranzen und das ungeschickte Operieren des eigenen Familenclans führen erschreckend rasch zu einer Situation, in der Ehre und Ehe auf dem Spiel stehen und nur mit einem äusserst riskanten, eigentlich aussichtslosen Vorgehen gerettet werden könnten.
Die Dramatik dieser persönlichen Tragödie schleicht sich allerdings auf leisen Sohlen an. Wie schon im "Dämmerungs-Samurai" stehen die Psychologie, das Zwischenmenschliche und die liebevoll rekonstruierten, historisch korrekten Details im Zentrum der Aufmerksamkeit dieser mit kleinem Personalumfang fast ausschliesslich in Innenräumen gedrehten Erzählung, deren Handlung auf einer Kurzgeschichte beruht. Folgerichtig sieht man in diesem wiederum atypischen Samurai-Film kaum Kampfszenen. Der ruhige Stil der Inszenierung entfaltet mit ausgewogen, aber abwechlsungsreich kombinierten Mitteln des Erzählens, des Mono- und Dialogs sowie der Darstellung des Geschehens einen starken inhaltlichen Sog, der in zwei Höhepunkten kulminiert: einem äusseren, dramatischen und einem inneren, psychischen. Der sanfte Bildfluss wird mit einer geradezu spektakulären Tonspur bereichert, auf der es gurgelt, röchelt, quakt, zirpt, summt, sirrt und sirent, dass es eine wahre Pracht ist. Eine runde Sache, Rührung nicht ausgeschlossen!
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