El Custodio - Der Leibwächter Argentinien, Frankreich, Deutschland, Uruguay 2006 – 93min.
Filmkritik
Der Aufpasser
Er folgt ihm auf Schritt und Tritt, dicht auf den Fersen, aufmerksam und wortlos. Rubén ist Leibwächter eines wichtigen Ministers und lebt in seinem Schatten. Sein trostloses und leeres Leben besteht aus Warten, bewachen und vor allem darin, seine eigenen Bedürfnisse einzuschränken.
Dem jungen argentinischen Regisseur Rodrigo Moreno ist mit seinem ersten Langspielfilm "El Custodio" ein in unterkühlten Blautönen gehaltenes, formal strenges Werk gelungen, das fast ohne Dialoge und Musik auskommt. Als Zuschauer sehen wir den Film aus der Perspektive des Leibwächters. Die distanzierte Kamera hält sich oft im Rücken der Figuren auf, folgt ihnen auf den Gängen durch die langen Korridore unterwegs zu wichtigen Meetings oder zum Flughafen. Der Leibwächter bleibt immer im Hintergrund, vor der Türe draussen und wir mit ihm.
Der Schauspieler Julio Chavez als Rubén verkörpert, ohne Gefühlregungen, einen korrekten, untertänigen Mann, der eigentlich gar keine Persönlichkeit haben darf. Er spricht kaum und weiss doch so vieles - Privates und Geschäftliches - über den Mann, den er bewachen muss; darüber sprechen darf er mit niemandem, Rubén schweigt. Wenn er alleine ist, und ein lautes Geräusch erklingt, etwa der Mixer am Morgen oder das Blubbern des Wassertankes, aus dem er sich einen Becher Wasser herauslässt, erschrickt man beinahe darüber, dass dieser stille Mann imstande ist, so viel Lärm zu produzieren.
Eine einzige persönliche Eigenschaft lernen wir doch noch kennen: Rubén ist ein begabter Porträt-Zeichner, ein Talent, für das er als Beobachter, als ewig Aussenstehender prädestiniert ist. Einmal bittet ihn sein Vorgesetzter, einen Geschäftsfreund zu porträtieren, grandios spielt Chavez dieses Hin-und-her-gerissen-sein zwischen Professionalität und der Freude über das Lob, das er für seine Zeichnung bekommt. Das überraschende Ende ist eine stille Rache, eine Abrechnung, wie man sie unaufgeregter nicht darstellen könnte, und genau deshalb wirkt sie so stark.
"El Custodio" ist ein originelles, verstörendes Erstlingswerk. Rodrigo schafft es, dass man sich als Zuschauer mit einem Mann identifiziert, der keine Charaktereigenschaften hat, der ein Phantom bleibt.
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