Filmkritik
Zwischen Hoffnung und Traurigkeit
Zwei junge Frauen reisen durch Ecuador - per Rucksack. Auf ihrem Weg treffen sie eine Reihe von hoffnungslos verschrobenen Personen. Tania Hermidas tragikomisches Roadmovie ist eine kurzweilige Meditation über das Reisen und lange Fahrten in Überlandbussen.
In der europäischen Vorstellung vom lateinamerikanischen Kino ist Ecuador nicht unbedingt das kreative Epizentrum. Während Länder wie Argentinien oder Brasilien auf eine lange und finanzkräftige Filmtradition zurückblicken können (die es auch ermöglicht regelmäßig neue Werke über den Atlantik zu exportieren), blickt man gespannt auf das Regiedebüt der Ecuadorianerin Tania Hermida, die ihr Handwerk unter anderem als Regieassistentin beim Oscar-nominierten Drogenkurierdrama "Maria Full of Grace" erlernt hat.
Hermida erzählt die Geschichte von zwei jungen Frauen, die als Backpackerinnen in Ecuador unterwegs sind. Esperanza (Tania Martinez) kommt aus Barcelona und ist auf der Suche nach ein wenig Erleuchtung fernab der Zivilisation. Im Gepäck hat sie den "Lonely Planet"-Reiseführer, die Bibel aller Rucksack-Touristen, die oft etwas verkürzt ein Bild von Land und Leuten zeichnet. Im Bus begegnet sie Tristeza (Cecilia Vallejo), einer Einheimischen, die sich auf den Weg gen Süden macht, um den Mann, den sie liebt, davor zurückzuhalten, eine andere zu heiraten. Die beiden Frauen sprechen die gleiche Sprache, könnten aber unterschiedlicher nicht sein. Wie im klassischen Roadmovie ist auch die Reise der beiden jungen Frauen eher Mittel zum Zweck und der lange Weg auf den ecuadorianischen Landstraßen und Autobahnen das eigentliche Ziel. Mehr und mehr sinnieren die beiden Frauen über die wirklich wichtigen Fragen im Leben und weniger über ihre Bedürfnisse in urbaner Heimat.
Regisseurin Tania Hermida dürfte selbst begeisterte Backpackerin sein, so gut und genau sind ihre Beobachtungen vom Reisealltag zwischen Busbahnhöfen, langen Nachtfahrten und Haltestellen mitten im Nirgendwo. Jeder der einmal in Lateinamerika unterwegs war, erkennt sie sofort wieder, diese abstrusen Momente: Sei es der dubiose Taxifahrer, der einem auf dem Weg vom Flughafen zuviel Geld abknöpfen will (und sein Vorhaben damit begründet, dass in Europa doch alle Millionäre seien) oder die wunderbar verschrobenen und bärtigen Reisenden, die scheinbar schon ihr halbes Leben auf philosophischer Sinnsuche sind. "Que Tan Lejos" ist voll von diesen Momenten, die manchmal als Klischee bewusst überzeichnet werden.
Auch wenn es den Schauspielern nicht immer gelingt, das unbändige Gefühl des Fernwehs und Sich-treiben-lassens glaubhaft darzustellen, so wird man mit pittoresken Aufnahmen von Ecuadors Andenkulisse entschädigt, die beim Publikum den einen oder anderen Seufzer hervorrufen dürfte. Mit reichlich komödiantischen Ingredienzien versehen, ist "Que Tan Lejos" aber auch ein Film über die Missverständnisse zwischen Europa und Lateinamerika, oder genauer gesagt, Spanien und dem einst kolonialisierten Ecuador. Wenn der Taxifahrer sich noch immer beschwert, die Eroberer seien Schuld an seinem miesen Gehalt, dann zeugt das durchaus von bissiger Ironie.
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