Chrigu Schweiz 2007 – 87min.
Filmkritik
Ein Abschied ohne Kompromisse
Ein Freund stirbt, und Freunde begleiten ihn. Der krebskranke Christian Ziörjen hatte anfangs selber die Kamera zur Hand genommen, als er mit der Krebs-Diagnose konfrontiert wurde. Jan Gassmann setzte die Filmarbeit fort. So entwickelte sich ein Dokumentarfilm, der schmucklos scheint und schamlos dem Leben und Tod ins Auge schaut - ohne Sentimentalität, aber mit Mitgefühl und Demut.
"Beeil dich ein bisschen mit dem Filmen, ich glaube, es geht nicht mehr lange", sagt Christian Ziörjen, genannt "Chrigu" zu Filmfreund Jan Gassmann. Es geht ihm nicht gut. Wie viele Tage, Wochen bleiben ihm noch? Christian Ziörjen hat Krebs, Er wehrt sich, verliert an Kräften, nicht aber an Mut. Dass seine Lebenslust am Ende nur ein schöner Gedanke ist und zur Erinnerung wird, stört weder den Betroffenen noch den Zuschauer.
Das mag auch damit zusammen hängen, dass Chrigu im Sterben realistisch und lebendig bleibt, will sagen, Abschied nimmt - ohne Groll und Bitterkeit. Er haucht sein Leben förmlich aus, ihm geht förmlich die Luft aus. Am Ende tritt seine Asche auf seinen Wunsch ihre Reise gen Osten an. Familie und Freunde sind bei diesem Ritual dabei, auch die Zuschauer, die teilnehmen, Anteil nehmen, betroffen, aber nicht deprimiert sind.
Und das ist das Verdienst der beiden Macher, Christian Ziörjen und Jan Gassmann. Ihr Film gibt Einblick in ein Leben, zu dem auch das Sterben gehört. So werden Reminiszenzen wach an Konzerttouren, an eine Reise nach Indien, an seine Filmerleidenschaft, an Gespräche. Die "Mundartisten", eine experimentierfreudige Schweizer Band, Familienangehörige, Freunde gehören zum Chrigu-Kreis. Sie erleben sein Bemühen, dem bemühenden Leben Sonnenseiten abzugewinnen. "Lass uns zusammen einen Film machen", spornte Chrigu anfangs an. "Ich steige dann irgendwo aus." Er ist ausgestiegen und hätte Freude an dieser Hommage an die Wirklichkeit, ans Menschsein. Diese Bilder vom Leben fürs Leben beschönigen und manipulieren nicht. Sie sind ehrlich. Die Betroffenheit ist innerlich, hinterlässt aber keine Leere und macht nicht hilflos.
"Chrigu" ist ein kraftvoller Film über Selbstfindung und Abschied, Schwäche und Schmerz mit einer Anteilnahme, die von Freundschaft getragen wird. Von den jüngeren Schweizer "Sterbefilmen" "Elisabeth Kübler - Dem Tod ins Gesicht sehen?" (2002), "Früher oder später" (2003) oder "Exit?" (2006) ist "Chrigu" sicher einer der stärksten.
Dein Film-Rating
Kommentare
Ich finde es super, dass Chrigu so offen über sein Leiden erzählen konnte. Respekt..
Nähe und Distanz sind unverkrampft dargestellt durch, eben, nahestendende Freunde von Chrigu,; Männer, die ebenso persönlich Abschied nehmen wie sachlich-professionell das immense Material verabreiten: die Vorgeschichte, die sich zur Geschichte weitet und - Lauf der Dinge - (am Inn ostwärts) endet, wie wir alle eines Tags… Mehr anzeigen
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
Login & Registrierung