CH.FILM

Faut que ça danse! Frankreich, Schweiz 2007 – 100min.

Filmkritik

Familienwahnsinn

Pascal Jurt
Filmkritik: Pascal Jurt

Noémie Lvovsky liefert mit "Faut que ça danse" eine turbulente Tragikomödie um Freud und Leid des Familienlebens ab.

Der Shoa-Überlebende Salomon Belinsky (Jean-Pierre Marielle) ist ein spätberufener Hedonist. Der fast 80-Jährige will unbedingt auf seine alten Tage das Leben in vollen Zügen geniessen. Um ihn gravitieren die Mutter Geneviève (Bulle Ogier), die komplett gaga ist und sich den Afrikaner Mr. Mootoosamy (Bakary Sangaré) als Schutzengel und Spielgefährten leistet.

Die gemeinsame 40-jährige Tochter Sarah (Valéria Bruni-Tedeschi) lebt in dieser Trias zwischen den sich auseinandergelebt habenden Eltern. Diese haben sich vor 25 Jahren getrennt, treffen sich aber einmal die Woche zur gemeinsamen Konversation. Sie verständigen sich nur noch auf Englisch. Langsam versucht sich Sarah von diesen Spinnern abzunabeln und eine bürgerliche Existenz mit ihrem schon seltsam geerdeten Verlobten François (Arié Elmaleh) aufzubauen. Das erweist sich aber als gar nicht so einfach.

Der Vater tanzt am liebsten Step vor dem Fernseher zu Fred Astaires "Top Hat" und ist zudem noch ein Schwerenöter. Um eine junge Medizinstudentin (Judith Chemla) zu beeindrucken, will der sich für unsterblich haltende Salomon seinen Körper der Wissenschaft vermachen. Doch langsam verliebt er sich in die ebenso spinnerte Geschichtslehrerin Violette (Sabine Azéma).

Die Mutter muss die Eskapistin geben und geht dem dolce far niente nach. Alles in allem ist Sarahs Leben einfach schwierig mit dieser Familie. Ihren Platz, wo auch immer zu finden, fällt ihr wirklich schwer. Wen wundert es, mit so einer Familie? Nachdem sie geglaubt hat, mit François einen Fels in der Brandung gefunden zu haben, kommt zu allem auch noch hinzu, dass sie, trotz der Unfruchtbarkeit, die ihr die Ärzte bescheinigt hatten, schwanger ist.

In der Rolle der in den "Midlife Crisis" steckenden Schwangeren hat man Bruni-Tedeschi leider in letzter Zeit zu oft gesehen.

Noémie Lvovsky hat mit "Faut que ça danse!" einmal mehr eine sogenannte bittersüsse Komödie gedreht. Trotz teilweise amüsanter Szenen gerät das Ganze doch zu sehr zur Quatschkomödie. Cineasten dürfen ihre Freude an "Faut que ça danse!" haben. Die französische Regisseurin baut in ihrem fünften Film unter anderem Filmausschnitte aus "In the Soup" und "The Fly III" ein, der Verlobte erzählt etwas vom tollen Film "The Godfather". Gähn!

"Faut que ça danse" will zuviel: eine ernsthafte und zugleich unterhaltsame Auseinandersetzung mit jüdischer Identität, Liebe, Familie und Tod. Aber es gibt zuwenig bindende Elemente zwischen den Szenen. Lvovsky setzt vor allem auf die Performances des Star-Ensembles. Trotz unterhaltsamer Momente, gefällt sich der Film zu sehr in seiner eigenen Spleenigkeit.

07.08.2008

3

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