Freedom Writers Deutschland, USA 2007 – 123min.
Filmkritik
Das Tagebuch der Ghetto-Kids
In "Freedom Writers" spielt Hilary Swank eine idealistische Highschool-Lehrerin, die rivalisierende Ghetto-Kids reformiert. Das tönt bekannt? Ist es auch.
Auf der Leinwand ziehts die Lehrerschaft immer wieder ins Ghetto. Bekanntestes Beispiel ist "Dangerous Minds", in dem Michelle Pfeiffer ihren Zöglingen mit Schokoriegeln und Karate Manieren beibrachte. Samuel L. Jackson gab gar ein erzieherisches Doppelspiel unter toughen Jungs: In "187" spielte er den Schiesseisen schwingenden Rächer, während er als "Coach Carter" einem Basketballteam zu Sprutz verhalf. Das Thema Lehrer-im-Ghetto ist deshalb bei Drehbuchatoren so beliebt, weil die heile Welt der meisten Kinogänger durch den Cocktail aus Gangs, Drogen und Gewalt so trefflich kontrastiert wird.
Das tut auch die perlenkettenbehangene Erscheinung von Erin Gruwell (Hilary Swank), die voller Weltverbesserungsdrang in Long Beach südlich von Los Angeles auf ihre High School-Klasse wartet. Als sich die desillusionierte Truppe im Klassenzimmer eingefunden hat, macht diese unmissverständlich klar, dass sie keine Sekunde auf die propere Lehrerin gewartet hat: "Ich gebe dieser Schlampe eine Woche", murmelt einer.
Da haben die Kids allerdings die Rechnung ohne ihre Lehrerin gemacht: Mit atypischen Lehrmethoden, "Dead Poets Society" lässt grüssen, erwirbt sie sich nach und nach das Vertrauen der Klasse. Sie zertrümmert das vorherrschende Clan-Denken, baut Rassenvorurteile ab, gibt den Schülern Zuversicht und Selbstvertrauen: Nicht zuletzt dank einem Tagebuch, in dem die ihre Probleme wälzen können. Langsam mutiert das Klassenzimmer zum Wohlfühl-Ort, wobei Gruwell die Opposition ihrer Lehrerkollegen gewiss ist. Auch ihr Ehemann Scott ist ziemlich irritiert, spätestens als Erin zwei zusätzliche Jobs annimmt, um ihre Schul-Lektüre bezahlen zu können. Die Sozialisierung der Ghetto-Kids mündet schliesslich in einer ausführlichen Lektion über den Holocaust. Diese wiederum gipfelt in einem gefühlsduseligen Vortrag der Anne Frank-Versteckerin Miep Gies (Pat Carroll). Das Gutmenschentum ist hier so dick aufgetragen, dass einem nur eine zynische Bemerkung bleibt: Dieser Film sucht sein tränenseliges Publikum wie ein Crack-Süchtiger seinen Stoff.
Würde sich "Freedom Writers" emotional nicht so aufplustern, wäre der Streifen vielleicht sogar gut geworden. Die Kamerarbeit, die Schauspieler-Crew (nicht zuletzt dank Imelda Staunton ("Vera Drake") als bornierte Oberlehrerin) und das Skript geben Anlass zu dieser Vermutung. Aber letztlich bleibt "Freedom Writers", dessen Story auf einer wahren Begebenheit beruht, ein formelhaftes Stück Mainstream-Kino. Von der Authentizität, die etwa die in einem ähnlichen Milieu angesiedelte HBO-Polizeiserie "The Wire" vermittelt, ist die MTV-Produktion meilenweit entfernt.
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Kommentare
Der Film war super gut. Leider waren die Übergänge relativ zügig. Plötzlich waren sie wieder einige Monate weiter..
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