Filmkritik
Die Schwierigkeit, ein Gesetz zu verfilmen
Eigentlich eine interessante Idee: Statt einer Geschichte sollte ein Gesetz verfilmt werden. Und zwar die ersten 19 Artikel des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. In 19 Kurzfilmen werden die Grundrechte episodenhaft beleuchtet. Anschaulicher werden sie für den Zuschauer dadurch allerdings nicht.
Der Berliner Regisseur und Produzent Harald Siebler hat bereits 2005 mit der Realisierung dieses Projekts begonnen. Am Anfang stand ein Drehbuchwettbewerb zum Thema, aus dessen Einreichungen eine Jury die besten Ideen ausgewählt hat. Insgesamt haben 19 Regisseurinnen und Regisseure mit der Unterstützung von vielen deutschen Filmförderanstalten sowie Schauspielern wie Kurt Krömer, Anna Thalbach und Katharina Wackernagel an dem 2,5-stündigen Film mitgewirkt. Die einzelnen Episoden sind alle unabhängig voneinander in verschiedenen Städten entstanden, sie setzen die Gesetzestexte mehr oder weniger originell um.
Gemeinsam ist den Filmen, dass sie dem Verfassungstext die heutige Wirklichkeit entgegensetzen. Sie verdeutlichen, dass in Deutschland tagtäglich Menschenrechtsverletzungen stattfinden. Die Menschenwürde, die einem im ersten Artikel versichert wird, ist nicht immer gewährleistet, genauso wie etwa das Post- und Fernmeldegeheimnis oder das Asylrecht. Die bundesdeutsche Wirklichkeit ist eben heute eine andere als die von 1949 als das Grundgesetz als Verfassung geschrieben wurde.
Das Filmprojekt erreicht sicherlich, dass man sich erneut mit der Verfassung auseinandersetzt. Der Film ist somit gut geeignet als Einstieg in das Thema im Schulunterricht. Doch als Gesamtwerk überzeugen die Filme nicht.
Ein Pärchen wird von einem Immobilien Makler beim Hauskauf scheinbar über den Tisch gezogen. Die Kaufsumme ist für das schwierige Projekt völlig überzogen. Spätestens als die befreundeten Umzugshelfer das abgeschiedene Haus mit entsetztem Staunen betrachten, wird klar, dass es sich um einen Fehlkauf handelt. Oder? Das Ende des Films wartet mit einer schlüssigen Pointe auf. Dieser Kurzfilm ist die Verfilmung von Artikel 11: Jeder Bürger genießt Freizügigkeit - heißt jeder kann hinziehen, wohin er möchte. Hierbei handelt es sich um einen der amüsantesten Filme und gleichzeitig zeigt er doch die Schwierigkeit, einem Satz aus einem Gesetzestext gerecht zu werden.
Der Produzent Harald Siebler beschreibt die Uridee des Filmes darin, die Inhalte des Grundgesetzes an der Wirklichkeit messen zu wollen, um dann zu erkennen, dass jeder seinen Teil beizutragen hat, um sich einem Idealzustand zu nähern. Das ist für den Großteil des Publikums dann doch zu lehrstückhaft.
Sicherlich handelt es sich um ein sehr engagiertes Projekt, doch am Ende hat man weder Neues über seine Rechte erfahren, noch überzeugen die Filme durch ihre Ästhetik. Ihnen haftet etwas Studentisches an, was auch an den im Vergleich mit anderen Produktionen geringen Budgets liegen mag.
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