Filmkritik
Nicht nur die Zeit wird totgeschlagen
Manchmal sagt ein Blick auf die Songtitel schon alles. Wovon erzählt wohl ein Film, in dem Lieder mit so bezeichnenden Namen wie «Bored», «Welcome to Boredom» oder auch «Fuck Forever» zu hören sind? In «Sieben Tage Sonntag» beantwortet sich diese Frage tatsächlich genauso schlicht, wie sie gestellt ist. Doch der Film von Niels Laupert wäre wohl nicht weiter der Rede wert, wenn nicht die Frage nach dem «wie» des Erzählens die eigentlich entscheidende wäre. Schließlich sind Langeweile und Trostlosigkeit rein als Sujet im jungen deutschsprachigen Kino nicht eben neu.
Wie so viele Filmemacher vor ihm, platziert auch Niels Laupert, der mit «Sieben Tage Sonntag» seinen Hochschul-Abschlussfilm vorlegt, seine jugendlichen Protagonisten in eine erschütternd heruntergekommene Plattenbau-Wohnsiedlung am Rande einer Großstadt. Wo genau, wird nicht gesagt, nur das Datum wird per Off-Kommentar präzise festgelegt: 14. Januar 1996. Viel los ist nicht im Leben von Adam (Ludwig Trepte), Tommek (Martin Kiefer) und den anderen: ein bisschen Messwein klauen in der Kirche, Kippenrauchen auf den Dächern, Rumhängen auf dem Kinderspielplatz. Die Schule haben längst alle abgebrochen, einen Job hat kaum jemand, und so ist tatsächlich letztlich jeder Tag wie Sonntag. Zäh in seiner Langeweile, mühsam durch die Schwierigkeit, die Zeit totzuschlagen.
Womit wir dann auch schon beim Kern von «Sieben Tage Sonntag» wären, denn irgendwann, nachdem schon fast die Hälfte des Films vergangen ist und aus einer Frust- und Alkohollaune heraus, schließen die beiden Jungs eine fatale Wette ab: du bringst das doch eh nicht, einen Menschen zu töten! Am Ende der Nacht wissen sie es besser - und haben doch beide verloren.
Laupert, der auch das Drehbuch selbst schrieb, hat sich eine wahre Begebenheit zur Vorlage genommen, die Geschichte zweier junger Polen, die 1996 mit enormer Brutalität und ohne offensichtliche Motivation einen Mann umbrachten. Den Schock, den er beim Lesen einer Reportage über den Fall verspürte, gibt er unmittelbar an sein Publikum weiter. Hier wird - jenseits der erdrückend aussichtslosen Langeweile - keine Erklärung geliefert, keine Reue gezeigt, kein Mitgefühl geweckt, selbst wenn kein Zweifel daran herrscht, dass auch diese Täter in gewisser Hinsicht Opfer sind.
So drastisch, so erschütternd ist «Sieben Tage Sonntag», wie man es im deutschen Film sonst selten so verstörend sieht. Mindestens ebenso selten ist aber auch jenseits der emotionalen Wucht der Geschichte die durch die Bank hohe Qualität dieses mit minimalem Budget entstandenen Studentenfilms: die dichte, packende Inszenierung Lauperts, die herausragende Schnittleistung von Hansjörg Weißbrich oder auch das Spiel der Darsteller, allen voran des immer wieder bemerkenswerten Ludwig Trepte. Wenn man etwas aussetzen möchte, dann wohl wirklich nur die allzu offensichtliche Soundtrackauswahl, die sich übrigens mit dem Handlungsjahr 1996 kaum je vereinbaren lässt. Denn dass zum Ende auch noch Portishead mit «Roads» auf die Tristesse-Tube drücken, wäre absolut nicht nötig gewesen.
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