Things We Lost in the Fire Grossbritannien, USA 2007 – 118min.

Filmkritik

Hinterm Horizont

Kyra Scheurer
Filmkritik: Kyra Scheurer

Gerade eine Woche nachdem Benicio del Toro in Cannes für seinen «Che» den Darstellerpreis abgeräumt hat, kann man sein charismatisches Spiel jetzt im Hollywooddebüt der dänischen Regisseurin Susanne Bier ("Nach der Hochzeit") bewundern.

Das mit Ex-X-Agent David Duchovny, Zodiac-Bösewicht John Caroll Lynch und vor allem Halle Berry hochkarätig besetzte Melodram ist im Vergleich zu Biers europäischen Filmen recht glatt geraten und wird allein durch Benicio del Toros intensive wie facettenreiche Performance über das Mittelmaß hinaus gehoben.

Jerry, ein ehemaliger Anwalt auf Heroin, verliert nach allem anderen auch noch seinen besten Freund Brian, der ihm gegen den Willen seiner Frau über alle Jahre und schwere Zeiten hinweg die Treue hielt. Und dessen Tod auch im Leben seiner beiden Kinder und seiner Frau Audrey eine immense Lücke hinterlässt. Eine Lücke, die ausgerechnet Jerry schließen helfen soll, der in Erinnerung an Brian auf Entzug ging und nun zum engagierten Ersatzvater mutiert. In verschiedenem Tempo durchlaufen Jerry und Audrey nun die klassischen fünf Schritte der Trauer (Leugnung, Zorn, Verhandlung, Depression, Akzeptanz), wobei Konflikte vorprogrammiert sind und Überforderungen bzw. Rückfälle an allen Ecken und Enden drohen.

Die ersten zwanzig Minuten des Films werden - ähnlich wie bei del Toros Erfolgsfilm «21 Gramm»- nonlinear vom Zeitpunkt von Brians Begräbnis aus erzählt, in Bruchstücken gleich den Erinnerungsfetzen der Hinterbliebenen. Je mehr aber Jerry an Einfluss auf den Haushalt der Familie Burke gewinnt, desto konsequenter kehrt der Film zum traditionellen Erzählen zurück.

Zurecht: Denn es ist Benicio del Toros Präsenz, die Art, wie er in einem einzigen Blick Fragilität und Stärke, Humor und Melancholie, Würde und Hilflosigkeit zugleich transportieren kann, die der Hochglanzidylle des «Schöner Trauerns» die nötige Tiefe verleiht - auch wenn der schauspielerische Parforceritt der Entzugsszenen etwas zu offensichtlich in Richtung Oscar zu schielen scheint. Aber im Gegensatz zum oberflächlichen Spiel Halle Berrys, das auch durch Susanne Biers Kamerakonzept der extremen Close Ups auf Berrys (tränenreiche) Augen und (bedeutungsschwanger eheberingte) Hände nicht kompensiert werden kann, berührt die Figur Jerry wirklich.

So liegen dann die großen Momente des Films weniger in der oft unglaubwürdigen Annäherungsgeschichte der Hauptfiguren, als in den Rückblenden der Männerfreundschaft Jerrys mit Brian, im Subplot um den Nachbarn und im Kontakt Jerrys mit den Kindern. Deren beeindruckend intuitiv agierende Darsteller spielen gelegentlich die «Großen» Hollywoods mit ihren präzise dosierten Gefühlsnuancen an die Wand - und da, inmitten der sonst so angepassten Melodramatik, zeigt sie sich dann unerwartet doch: die große inszenatorische Sensibilität der Dogma-Veteranin Bier.

29.05.2008

4

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Kommentare

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movie world filip

vor 12 Jahren

nicht slecht aber schnel vergessen


kostenurka

vor 16 Jahren

.... der natürlich in vielen einstellung und dem thema verlust an "nach der hochzeit" erinnert. leider ist dieser film in den usa gefloppt da er meiner meinubg nach zu europäisch ist. diese wundervollen closeups (hände, augen etc.) lassen den zugang nach der anfänglich nonlinearen erzählweise zu den figuren möglich.
unbedingt ansehen, so schön kann film sein und nur der film kann so berühren.Mehr anzeigen


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