Hidden Heart Deutschland, Schweiz 2008 – 90min.
Filmkritik
Den im Dunklen sah man nicht
Im Dezember 1967 ging die Meldung um die Welt: Dem Südafrikaner Christian Barnard war es als erstem Chirurgen gelungen, eine Herztransplantation erfolgreich durchzuführen. Der Chirurg erntete Ruhm und Glamour, er wurde ein Medienstar. Doch eines der wichtigsten Teammitglieder blieb im Dunklen, der Schwarzafrikaner Hamilton Naki. Dokumentarfilmer Werner "Swiss" Schweizer hat sich auf Spurensuche begeben - 40 Jahre danach.
Zeit der Apartheid, der strikten Rassentrennung, Groote-Schuur-Spital in Kapstadt: Dr. Christian (eigentlich Christiaan) Neethling Barnard hatte am 3. Dezember 1967 in einer fünfstündigen Operation ein Herz verpflanzt. Der Patient Louis Washkansky lebte mit dem fremden Herzen, wurde ein Medienstar und unwissentlich Opfer einer Meute neugieriger Menschen und Bazillen. Seine Immunkräfte waren geschwächt und quasi ausser Kraft gesetzt. Er erlitt eine Lungenentzündung und starb nach 18 Tagen. Gleichwohl war das der Durchbruch für das südafrikanische Team um Barnard. Ein zweiter Patient 1968 lebte mit einem fremden Herzen noch 19 Monate nach der Transplantation.
Wie gesagt: Apartheid herrschte in Südafrika. Wohl war auch der schwarze Hamilton Naki in Barnards Team integriert, doch offiziell war das ein Tabu. Er war ein wichtiges Mitglied des Teams, der Schwarzafrikaner Hamilton Naki. Barnard kannte keine Rassendünkel, ihm kam es einzig und allein auf den Erfolg an. Der schwarze Laborassistent Naki hatte sich seine ausserordentlichen Kenntnisse und Fähigkeiten selber angeeignet beziehungsweise entwickelt. Er stand im Schatten des grossen Barnard, der Ruhm und Glamour einheimste, zum Medienstar, Jetsetter und Frauenheld wurde.
Der südafrikanische Fernsehjournalist Dirk de Villiers ist auf die Geschichte des Laborassistenten Naki gestossen und hat sie publik gemacht. Naki hatte unzählige Versuche mit Tieren durchgeführt, seine Fingerfertigkeit und aussergewöhnliche Begabung bewiesen. War er es in Wahrheit, der trotz Apartheid die Herztransplantation durchgeführt hatte, oder doch Barnard, der schon früh an Arthritis litt und deshalb 1983 das Operieren aufgeben musste?
Regisseur Werner Schweizer und die Zürcher Journalistin Cristina Karrer haben sich 40 Jahre danach auf Spurensuche begeben, Zeitzeugen befragt, Stimmen eingefangen und Archivaufnahmen eingestreut. Vor allem aus dem Jetset-Leben des Frauenhelden Barnard, der sich in seinem Ruhm aalte und dem es, so eine Aussage, nur ums Geld ging in der Zeit nach seiner glorreichen Chirurgentätigkeit.
Aber «The Story of Christian Barnard and Hamilton Naki», so der Filmuntertitel, hat durch und durch dokumentarischen Charakter. Der Film bringt Licht in ein dunkles Medienkapitel, in eine einseitige Erfolgsstory und umschreibt greifbar einen Zeitgeist, der heute schiere Vergangenheit scheint. Der Film propagiert keinen neuen Helden, etwa den verkannten schwarzen Mann im Schatten, rückt aber den Transplantationsstar Barnard in ein nüchternes Licht. «Hidden Heart» ist nicht nur Porträt der populären Pioniers, sondern auch eine Parabel über Licht und Schatten, Ruhm und Bescheidenheit, Mediengier und Medienglamour, Glück und Ungerechtigkeit.
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