Im Winter ein Jahr Deutschland, USA 2008 – 128min.
Filmkritik
Das Mädchen und der Maler
So leise und doch so laut: Mit "Jenseits der Stille" ließ Caroline Link ein internationales Filmpublikum aufhorchen. Der große Knall kam 2001, als sie mit "Nirgendwo in Afrika" den Oscar für den besten fremdsprachigen Film gewann. Erst jetzt - sieben Jahren danach - kommt ihr neustes Werk in die Kinos.
Das Drehbuch basiert auf dem Roman "Aftermath" von Scott Campbell und führt wieder tief hinein in die Mechanismen der sensiblen und subtilen Psychologie innerhalb einer gutsituierten Mittelstandsfamilie. Das komfortable Eigenheim in der Münchener Vorstadt ist nur luxuriöse Fassade im Leben von Eliane (Corinna Harfouch) und Thomas Richter (Hanns Zischler), die nach dem Tod ihres 19-jährigen Sohnes Alexander (Cyril Sjöström) vor den Trümmern ihrer Ehe stehen.
Beide flüchten sich in ihre erfolgreiche Arbeit, während Tochter Ellie (Karoline Herfurth) den Verlust schwerer verkraftet; auf der Musical-Schule glänzt sie regelmäßig mit Abwesenheit und Konzentrationsschwächen. In Tagträumen und Visionen erscheint ihr der Bruder regelmäßig. Als Eliane den alleine lebenden Maler Max Hollander (Josef Bierbichler) damit beauftragt, ein Porträt ihrer Kinder zu malen, geraten die innerfamiliären Beziehungen zusehends in zarte Wallungen. Besonders Ellie fühlt sich von der kreativen Aura und dem einfachen Lebensstil des Künstlers angezogen, der fernab der Großstadt auf einem Bauernhof wohnt.
Es ist ein fragiles und verletzliches Figurenensemble das Caroline Link versammelt und durchleuchtet. Den Charakteren nähert sie sich dabei gerne mit gelegentlichem Pathos und reichlich Mitgefühl, das nur in wenigen Momenten in rührseligen Kitsch zu kippen droht. Der Film lebt vor allem von der undurchsichtigen Beziehung zwischen Karoline Herfurth und Josef Bierbichler, die anfangs an die Amour Fou in Jacques Rivettes "Histoire de Marie et Julien" erinnert und dann doch auf eine ganz andere und unerwartete Fährte führt.
Besonders Karoline Herfurth dabei zu beobachten, wie sie sich über die vergangenen Jahre von einer talentierten Jungdarstellerin ("Eine andere Liga") zur ernst zu nehmenden Charakterdarstellerin entwickelt hat, ist die vielleicht spannendste Beobachtung in diesem Drama, das die Verletzlichkeit seiner Figuren zeigt, die in Gedanken ständig zwischen Leben und Tod pendeln. Vom Erzähltempo und der Dosierung der zur Schau gestellten großen Gefühle kehrt Caroline Link damit zurück zu "Jenseits der Stille" - zum leisen Drama über die unüberwindbaren Konflikte innerhalb einer fragilen Familie.
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Kommentare
Die Chemie zwischen Herfurth und Bierbichler stimmt und Dank ihr schafft es der Film auch einen zu berühren.
Wie verletzlich wir Menschen eigentlich sind, aber es in der heutigen Gesellschaft nicht mehr zeigen dürfen; dies zeigt dieser wunderbare Film!
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