Roman Polanski: Wanted and Desired Grossbritannien, USA 2008 – 99min.

Filmkritik

Gefeierter Regisseur, gesuchter Straftäter

Walter Gasperi
Filmkritik: Walter Gasperi

1977 stand Roman Polanski in Kalifornien wegen Geschlechtsverkehrs mit einer Minderjährigen vor Gericht. Akribisch und wertungsfrei zeichnet Marina Zenovich in ihrem Dokumentarfilm diesen Prozess nach und macht schwerwiegende Verfahrensfehler sichtbar.

Es ist die brillante Mischung aus einer Fülle von Archivmaterial und aktuellen Interviews die "Roman Polanski: Wanted and Desired" packend und vielschichtig macht. Marina Zenovich fällt keine Urteile, sondern lässt die Aussagen von Polanskis Anwalt Douglas Dalton genauso stehen wie die des Staatsanwalts Roger Gunson und des damals 13-jährigen Opfers Samantha Gailey. Diese soll Polanski 1977 im Rahmen eines Fotoshootings im Haus von Jack Nicholson unter Alkohol und Drogen gesetzt und anschliessend zum Geschlechtsverkehr genötigt haben. Jeder Stellungnahme zu diesen Vorwürfen enthält sich Zenovich, versucht in keiner Weise Polanski von Schuld freizusprechen. Der Fokus liegt nicht auf der Tat, sondern auf dem darauf folgenden Prozess.

Schlaglichtartig beleuchtet Zenovich zunächst aber Polanskis von schweren Schicksalsschlägen geprägtes Leben. Kurz werden die Kindheit in Polen und der Holocaust angesprochen, der Polanski die Mutter raubte. Aufblühen konnte er erst im Swinging London der 1960er Jahre, wo er mit "Repulsion" und "Dance of the Vampires" Triumphe feierte. Doch wenig später brachte der brutale Mord an seiner Gattin Sharon Tate einen schweren Bruch in sein Leben.

Ein sehr komprimiertes, aber faszinierendes Porträt des jungen Regisseurs gelingt Zenovich hier. Immer wieder wirft sie die Frage nach einem Zusammenhang von Polanskis Leben und seinen Filmen auf. Die biographische Skizze dient dabei vor allem als Rahmen und Hintergrund für die akribische Schilderung des Prozesses von 1977. Von der Verhaftung bis zur Flucht aus den USA 1978 zeichnet Zenovich die Ereignisse nach und zeigt nicht nur die Medienhysterie, sondern vor allem die höchst fragwürdige Prozessführung von Richter Laurence Rittenband. Bekannt war dieser nicht nur für seine antisemitische Einstellung, sondern auch dafür, dass er sich vor allem publicitywirksame Prozesse sicherte und alle Zeitungsartikel über sich sammelte.

Um Gerechtigkeit ging es Rittenband kaum. Und wie sehr er an medialer Präsenz interessiert war, zeigt sich auch daran, dass er während des schwebenden Verfahrens eine Pressekonferenz einberief. So weitet sich der Film vom Dokument eines Ereignisses zur Kritik an einer höchst fragwürdigen Prozessführung und damit freilich auch zu einer Aufforderung, die damaligen Ereignisse und Vorwürfe einer neuen und vorurteilsfreien Überprüfung zu unterziehen.

13.10.2009

4

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Kommentare

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Patrick

vor 14 Jahren

Man erfährt nicht viel neues über Polanski, aber die Doku ist troztem gut gemacht egal ob man für oder gegen Polanski ist.


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