Jakub Gierszal Polen 2009 – 95min.

Filmkritik

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Filmkritik: Eduard Ulrich

Jacek Borcuch erinnert sich mit seinem dritten Spielfilm ans Jahr 1981, als die Solidarnosc das Kommunistische Regime so unter Druck setzte, dass es das Kriegsrecht ausrief. Im Zentrum seiner Geschichte stehen vier Gymnasiasten, die als aufmüpfige Punk-Band vor allem damit beschäftigt sind, erwachsen zu werden. Für Aufmerksamkeit sorgte die Einladung des frischen und frechen Streifens an den Wettbewerb des Sundance Filmfestivals, ein Novum für einen polnischen Film.

Nicht immer sind sich Menschen bewusst, dass sie eine historisch wichtige Tat vollbringen, wenn sie es gerade tun. Manchmal tun sie einfach, was sie für richtig halten, und später stellt sich heraus, dass dies der entscheidende Anstoß zum Sturz eines Regimes war. So auch beinah hier: Mit seiner Reminiszenz an die turbulente Zeit der Massenstreikbewegung Solidarnosc kommt Regisseur und Drehbuchautor Jacek Borcuch zur rechten Zeit, denn wie in einigen arabischen Ländern heute ist auch in Polen seinerzeit die Jugend unzufrieden und möchte sich nicht länger bevormunden lassen.

Optimale Form des Protestes sind die Lieder der Punk-Band "All That I Love", die eigentlich "All That I Hate" heißen müsste. Jedenfalls ist der Protest, den sie in ihren Texten ausdrückt, nicht weniger weit vom Slogan "make love not war" entfernt als ein Islamist, der sich mit einem enthusiastischen Alahu-Akbar-Ruf in die Luft sprengt. Da wird also Klartext geredet oder vielmehr gesungen, was der Obrigkeit gegen den Strich geht, die gewisse Textzeilen am liebsten per Zensur striche. Kompliziert wird die Situation, weil die sich anbahnende Liebe zwischen dem Bandleader und einer Mitschülerin einen gesellschaftlichen Graben überwinden müsste: der eine Vater ist beim Militär, der andere ist Dissident.

Trotz der ausgezirkelten Konstellation, die immerhin plumpe Schwarz-Weiß-Malerei vermeidet, sieht man sehr schön, wie sich die Lust der Jugend Bahn bricht und sich wenig um die Sorgen und Nöte der Erwachsenen schert, denn die eigenen sind wichtiger. Hier liegt vielleicht ein kleines Problem bei der ausgezeichneten Besetzung: Dem jugendlichen Hauptdarsteller Mateusz Kosciukiewicz wird eine gewisse Ähnlichkeit zu James Dean attestiert, und er weiß anscheinend um seine charismatische Wirkung, was ihn hin und wieder etwas gar selbstsicher auftreten lässt, obwohl seine Rolle eigentlich eine gewisse Unsicherheit verlangen würde. Überzeugend sind sämtliche Auftritte der Band, die Schauspieler haben alle Stücke erlernt und spielen auch alles selbst.

17.02.2024

4

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