Der Knochenmann Österreich 2009 – 126min.

Filmkritik

Schlimmer wieder, Österreich

Stefan Gubser
Filmkritik: Stefan Gubser

Eine Art «Fargo»-Remake in der österreichischen Provinz: Die dritte Wolf Haas-Verfilmung mit dem Kabarettisten Josef Hader ist blutiger und köstlicher als ihre Vorgänger - aber nichts für Vegetarier.

«Natürlich ist das nicht», brummt Brenner (Josef Hader), als er Birgit (Birgit Minichmeier) beim Hähnchen zermahlen zusieht, die in Österreich «Hendl» heissen. Ein grausamer Kreislauf: Dass das arme Federvieh vom Menschen getötet, gegrillt und gegessen wird, mag ja gerade noch angehen. Aber die Hühner werden auch zu Futter für die nächste Hühnergeneration verarbeitet. «Reiner Kannibalismus», folgert Brenner.

Der grosse Lakoniker hat noch nicht entdeckt, dass Löschenkohl (Josef Bierbichler) auch Menschen durch die Knochenmehlmaschine dreht, wenn es sein muss, und dass er selbst ein Gulasch ass, in dem das Fleisch, das ihm so tierisch schmeckte, möglicherweise gar nicht so tierisch war. Wortlos zerkleinert der Gastwirt im Untergeschoss, was ihm ins Haus kommt - und immer öfter wer. Das Morden will und will und will kein Ende nehmen. Und Privatdetektiv Brenner ist doch nur aufs Land gefahren, um einen Mann zu finden, der seinem Freund (Simon Schwarz) eine Leasingrate für einen Wagen schuldet.

Im Presseheft, das den Namen nicht verdient, ist ein Backhendl-Rezept für vier Personen abgedruckt. Auch das Label «Austro-Fargo», mit dem sich die dritte Wolf Haas-Verfilmung der Kritik andient, muss man ausprobiert haben. Der Humor in «Der Knochenmann» ist von jener Schwärze, die in Josef Fritzls Keller geherrscht haben muss - sogar wenn das Licht brannte. Den Coen-Brüdern fühle er sich seelenverwandt, gestand Regisseur Wolfgang Murnberger an einer schlecht besuchten Pressekonferenz auf der Berlinale 2009, wo "Der Knochenmann" welturaufgeführt wurde. Das sieht auch ein Farbenblinder.

Sonst ist der Film vor allem rot - so rot wie ein blutig' Eisen. Genüsslichst schlachtet er aus, was man über Österreich "gern" in der Zeitung liest. Dass hier wenig ist, wie es scheint. Das Brutale harmlos daherkommt, aber dafür umso brutaler zuschlägt. «Der Knochenmann» ist eine wunderbar sarkastische Krimigroteske, deren Szenen gleichzeitig fast immer alles sind: zum Lachen, Erschrecken und Weinen. Zu rühmen sind auch die Dialoge, der Wortwitz und die Musikalität dieser Sprache, die so österreichisch ist, dass man sich manchmal Untertitel wünscht. Und mit welch' rustikaler Pragmatik "Der Knochenmann" das Thema "Transsexualität" mitverhandelt - augenzwinkernd zwar, aber ohne es auch nur einmal an die Schenkelklopfer zu verraten - zeugt von ganz grosser Klasse.

17.02.2024

4

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Kommentare

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gefuehlsmensch

vor 10 Jahren

ganz schön fies.: -)


philm

vor 15 Jahren

..., fieses, romantisches, geniales, zynisches, grusliges, intelligentes, gut gespieltes Filmvergnügen.
Das beeindruckt mich ebenfalls mehr als jedes wüste Gemetzel.
Müsste mehr solche Filme geben


kitara

vor 15 Jahren

gerade noch so mit der Achillessehne am
Fleischhaken.. Autsch; -)

Ein herrlich schwarzes Filmvergnügen,
die Coen-Brüder lassen schön grüssen.
Für mich einer der besten deutschsprachigen Streifen seit langem.
Bravissimo: -))


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