I Am Love Italien 2009 – 114min.

Filmkritik

Liebe geht durch den Magen - Leiden auch

Filmkritik: Eduard Ulrich

Eine schwerreiche Industriellenfamilie integrierte einst eine mittellose, attraktive Frau als Ehegattin in der mittleren Generation. Jetzt sind die Kinder erwachsen und die eheliche Liebe erkaltet, da nagen Frust und unerfüllte Lust am materiellen Glück.

Wer am Anfang hinhört, wundert sich: Da parlieren Mutter und Sohn einer offenbar italienischen Familie fließend Russisch miteinander. Emma (die famose Tilda Swinton) wurde vom Thronfolger der lombardischen Unternehmerfamilie aus Russland importiert und als seine Ehefrau stellte sie zwei Söhne und eine Tochter auf die Welt, die in Ordnung zu sein scheint: Gerade wird nach Familientradition ein Fest vorbereitet, der Großvater möchte die Konzernleitung weitergeben, die Enkelin in London studieren. Und der erstgeborene Enkel wittert kommerzielle Chancen mit einem Edelrestaurant, das ein begnadeter aber unbegüterter Koch gleichen Alters aufziehen möchte, der ihm kurz zuvor den Sieg in einem prestigeträchtigen Pferderennen streitig machte.

Die Konstellation erinnert entfernt an die "Buddenbrooks", und es lassen sich bis zum Schluss weitere Parallelen ziehen, im Fokus der Geschichte liegt aber die Rolle der Ehefrau und Mutter, die in ihrem goldenen Hamsterrad am eiskalten Gegenwind mangelnder Liebe und Akzeptanz zu Grunde zu gehen droht. Wenn sie sich nach einem unstandesgemäß wärmenden Herzen umsieht, fangen natürlich die Cliché-Alarmglocken an, Sturm zu läuten, aber bekanntlich wird nichts so heiß gegessen wie gekocht. Die anfangs erwähnte Detailgenauigkeit ist Programm des Regisseurs, der uns mit wunderschönen Bildern verwöhnt, die einer klaren erzählerischen Logik folgen. Die Leidenschaft bleibt natürlich, da wird nicht übertrieben, das hat die 50-jährige Tilda Swinton nicht nötig, die Gelegenheit bekommt, ihren attraktiven Körper zu zeigen.

Die berückend schöne Natur auf dem Lande hilft dabei genauso wie die erhabene Architektur in der Stadt, Gefühlen ihren Weg zu bahnen, Begegnungen Abwechslung und Abenteuerlichkeit zu verleihen. Die grandiose Konstruktion, die auf mehreren Ebenen aufgeht und sogar die Sprengkraft des Klassenkampfes mitdenkt, kulminiert in einer dramatischen Explosion, der eine emotionale Implosion folgt, kann aber trotz aller formaler und stilistischer Meriten nicht so recht packen, die gezügelte Leidenschaft distanziert das Publikum.

17.02.2024

3

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Kommentare

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Janissli

vor 7 Jahren

Sehr langweiliger und unspektakulärer Film.


simpsonb

vor 12 Jahren

Tilda Swinton: verletzlich, unterkühlt, strahlend, emotional, verzweifelt - sie kann einfach alles. Dazu noch Alba Rohrwacher als ihre Tochter. Eine grossartige Besetzung. Dennoch ein wenig blutleer.


davidkoch

vor 13 Jahren

In der Tradition der grossen italienischen Familiengeschichten-Erzähler.


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