Filmkritik
Ein Spiel der Trostlosigkeit zum Trotz
Ein Fussballstadion ist kein Wohnort. Doch in Shawkat Amin Korkis Spielfilm "Kick Off" ist das anders: Im Stadion von Kirkuk, im kurdischen Norden Iraks, leben etwa 300 Familien. In diesem Umfeld organisiert der junge Asu ein Fussballspiel, das kurdische und arabische Bewohner einander näher bringen soll.
Wo sich einst Tausende am Fussball erfreut haben, herrscht nun Tristesse. Vertriebene, entwurzelte Menschen haben im ausrangierten Stadion von Kirkuk einen Unterschlupf gefunden, sie leben in selbst gebastelten Hütten und Provisorien. Der politische Hintergrund: Unter Saddam Hussein mussten viele Kurden ihre Heimat verlassen und sind nun zurückgekehrt, nach Kirkuk im Norden Iraks etwa, in die autonome Region Kurdistans. Die Gegend ist unsicher, Terroristen verbreiten Angst und Gewalt.
Asu (Shwan Atuf), der hoffnungslose Optimist, hat sich im Stadion eingerichtet so gut es eben geht, und macht seinem jüngeren Bruder Mut, der ein Bein in einem Minenfeld verloren hat. Ihm zuliebe will Asu ein Fussballspiel im verrotteten Stadion organisieren - zwischen kurdischen und arabischen Anwohnern. Sogar ein ausländisches TV-Team interessiert sich dafür. Der dickliche Freund Sako (Govar Anwar), der ein Moped besitzt, ist ein hilfreicher treuer Verbündeter. Nebenbei möchte Asu sich bei der schönen Helin (Rojan Hamajaza) ins rechte Licht setzen, die auch für ihn sichtbar Sympathie empfindet. Es geht alles gut, bis ein Ball verloren geht.
"Kick Off" ist ein Film mit stark dokumentarischem Touch, der dadurch sehr authentisch wirkt. Er erinnert mit seinen schwarzweissen Bildern und sparsamen, gezielt eingesetzten Farbnuancen an die Filme des frühen italienischen Realismus. Die Situation ist todernst, und doch vermag der Kurde Shawkat Amin Korki (Buch und Regie) auch komische Zwischentöne zu setzen. Der 37-jährige hat mit einfachsten Mitteln unter schwierigen Bedingungen einen ausserordentlichen Film geschaffen - über Freundschaften, Initiative, Liebe und explosive Lebensumstände. Es stände der Uefa oder Fifa gut an, diesen Film zu unterstützen und zu verbreiten. Denn Fussball ist hier nicht nur Spiel, Vergnügen oder Geschäft - Fussball heisst auch Leben.
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