Vorsicht Sehnsucht Frankreich, Italien 2009 – 104min.
Filmkritik
Volten des Lebens
Ein Mann findet ein Portemonnaie und verliebt sich in die ihm unbekannte Besitzerin. Er verfolgt sie mit Anrufen und Briefen, bis sie es ihm untersagt. Als sie ihn zu vermissen beginnt, nimmt sie seine Fährte auf. All das erzählt Altmeister Alain Resnais in einem leicht wirkenden Film mit viel Tiefgang.
Bei den Dreharbeiten 86 Jahre alt, hat Alain Resnais einen weit radikaleren Film geschaffen als es die meisten jungen Regisseure wagen würden. Er foutiert sich um Konventionen, experimentiert formal und inhaltlich. Da stottert die rasselnde Erzählstimme, bricht einen Strang ab, beginnt einen neuen. Plötzlich übernimmt Georges, munkelt plötzlich was von Mord, so dass sich zum zärtlichen Werben der Wahn gesellt. Teils wirken die Dialoge in ihrer Absurdität, als hätte Samuel Beckett sie geschrieben (der Film basiert aber auf Christian Gaillys Roman "L'incidente").
Am Ende taucht ein Mädchen auf, das zuvor im Film kein einziges Mal zu sehen war, und fragt seine Mutter: "Wenn ich eine Katze bin, darf ich dann Kroketten essen?" Solche Sprünge spiegeln das Leben, und Resnais' Lust an seinem Film überträgt sich in jeder Einstellung auf die Zuschauer. Auch formal spielt er mit dem Medium: In extremer Slow-Motion zeigt er den Diebstahl, der alles ins Rollen bringt, Marguerites Tasche scheint von allein durch die Luft zu schweben. Bei einem Familientreffen in Georges' Haus übertönt der Jazz-Soundtrack die Dialoge. Oft verweilt die Kamera auf dem titelgebenden Unkraut, das den Asphalt aufbricht.
Diese spielerische Leichtigkeit paart sich mit dem Ernst am Ende des Lebens: Nach dem Happy End ist vor dem Tod. So endet "Les herbes folles" auch nicht mit Georges' und Marguerites Kuss im Hangar; der markiert bloss den Beginn des Schlusses. Dazu ertönt die Intromusik von 20th Century Fox, dreimal flackert der Schriftzug "Fin" auf. Der Film aber geht weiter - bis zur Katastrophe, die wiederum durch die Koda mit dem Mädchen und der Katze an Schwere verliert.
Wie immer in Resnais' Filmen leisten die Schauspieler Grossartiges: Allen voran André Dussollier als schizophren wirkender Georges und Resnais' Lebensgefährtin Sabine Azéma als Zahnärztin und Hobbypilotin mit unbändigem, knallrotem Haar. Wie die Menschen ihr erliegen die Zuschauer diesem Film: Noch Tage nach dem Kinobesuch zaubert die Erinnerung an "Les herbes folles" ein Lächeln auf die Lippen.
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Kommentare
Je ne sais pas si ca vaut la peine de payer pour ça... j'aime beaucoup Azéma et Dussolier mais là c'est top space
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