L'illusionniste Frankreich, Grossbritannien 2009 – 90min.

Filmkritik

Auferstehung des Monsieurs Hulot

Filmkritik: Eduard Ulrich

Es gab einige Gründe, warum Jacques Tati ein Drehbuch ausarbeitete, dann aber nicht verfilmte, nur die Qualität war keiner. Nun hat sich der hochbegabte Sylvain Chomet dieses Erbes angenommen und es in eine kongeniale Form gebracht.

Die Idee ist so naheliegend wie bestechend: Es gibt ein unverfilmtes Drehbuch, dazu Notizen und Zeichnungen. Von der Zeichnung zum Zeichentrickfilm ist es nicht so weit, weil man beispielsweise keine Schauspieler suchen muss, die den gezeichneten gleichen. Sofie Tatischeff, der Tochter Jacques Tatis, gefiel Chomets "Les Triplettes de Belleville", und sie schlug ihm vor, den Schatz ihres Vaters zu heben.

Das war eine in jeder Hinsicht kluge Entscheidung, denn mit dem Resultat können alle zufrieden sein, sogar der verblichene Jacques. Sein Varieté-Zauberkünstler tingelt durch Europa und lernt in Schottland ein Zimmermädchen kennen, das sich in ihn verliebt und ihn fortan begleitet. Diese dürftige Geschichte lebt wie alle Filme Tatis vom visuellen Geschehen. Chomet zieht konsequenterweise beinah alle Register. Das fängt schon beim Zauberkünstler an: Auch, wenn man nicht wüsste, dass Tati sich diese Rolle auf den Leib geschrieben hätte, man erkennt hier mühe- und zweifellos, dass Tati erfolgreich wiederbelebt wurde, dermaßen präzise sind seine tolpatschigen Bewegungen getroffen.

Sehr amüsant und mit einem Augenzwinkern umgesetzt sind auch die Zauberkunststückchen, die sich darauf verlassen, dass mit der Zeichenfeder alles möglich ist. Der Film ist ebenfalls ein Medium der vollständigen Illusion - nur ist der Kontrakt ein anderer: Während das Publikum im Varieté weiß, dass es an der Nase herumgeführt wird, erwartet es im Kino eine realistische Darstellung. In beiden Fällen führen die eingesetzten Mittel zum Eindruck, etwas Reales zu sehen.

Damit dies gelinge, verlegte Chomet sein Studio temporär nach Schottland und ließ eine Tanzszene sogar filmen, um die komplexen Bewegungsabläufe korrekt abbilden zu können. Und natürlich wird wenig geredet - wie sollte es auch anders sein, sind doch beide, Tati und Chomet, keine Freunde der vielen Worte. Trotz vier Jahren Produktionszeit sind die Hintergründe nicht immer auf dem Niveau, das man von Chomet und seiner Truppe gewöhnt ist. Dennoch: Wenn Jacques Tati diesen Film sehen könnte, würde er sich nicht im Grabe umdrehen, sondern vor Freude tanzen.

10.11.2020

4

Dein Film-Rating

Kommentare

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung

caminovie

vor 14 Jahren

Wunderschöner, poetischer Film mit guter Musik!


cabaretgirl

vor 14 Jahren

wunderbare Musik, feiner Humor, wunderschöne Stadt- und Landschaftsbilder, schön kombiniert mit der Musik, die Wärme und auch die Einsamkeit der Figuren sanft herausgestrichen.


Gelöschter Nutzer

vor 14 Jahren

Mit soviel Herz und so liebenswert gezeichnet - aber diese Figuren im Film, dieser Tati und sein Mädchen, die sind so sperrig und seltsam!


Mehr Filmkritiken

Gladiator II

Red One - Alarmstufe Weihnachten

Venom: The Last Dance

Typisch Emil