Beim Leben meiner Schwester USA 2009 – 109min.
Filmkritik
Auf dass die Tränen fliessen
Dem Ruf als Spezialist für sentimentale Rührstücke, den sich Nick Cassavetes mit "John Q" und "The Notebook" erworben hat, bleibt der Sohn des großen John Cassavetes auch mit der Verfilmung von Jodie Picoults Bestseller treu.
Als eine Art Ersatzteillager für ihre leukämiekranke Schwester wurde Anna (Abigail Breslin) von ihren Eltern in die Welt gesetzt. Im Alter von elf Jahren will sie sich die medizinische Ausbeutung nicht mehr gefallen lassen und nimmt sich einen Anwalt, um das Recht auf Selbstbestimmung über ihren Körper einzuklagen. Ausgehend von Annas Konsultierung eines Anwalts (Alec Baldwin) blickt Cassavetes in Rückblenden auf die Geschichte der seit Jahren durch die Leukämieerkrankung der älteren Tochter Kate (Sofia Vassilieva) schwer belasteten Familie zurück. Geschickt bietet der Wechsel der Erzählperspektiven am Beginn Einblick in die unterschiedlichen Sichtweisen der einzelnen Familienmitglieder, doch zunehmend unsystematisch wird dieses Stilmittel eingesetzt.
Schwerer wiegt freilich die fehlende inhaltliche Fokussierung. Mal steht die Klage Annas, mal die dominante Mutter (Cameron Diaz), mal der emotional vernachlässigte Sohn Jesse (Evan Ellingson) und dann wieder die Krankheit und das langsame Sterben von Kate im Mittelpunkt. Allein wie hier freilich mit den schweren Themen Krankheit und Tod umgegangen wird, ist bedenklich. Da muss die krebskranke Kate immer mit Glatze herumrennen, diese geradezu ostentativ zur Schau stellen, um sich dann doch wieder vor einem Krankenhausball mit Perücke und Kleid strahlend schön zu präsentieren und so ihr Siechtum dem Zuschauer umso bewusster zu machen.
Hemmungslos werden mit einer penetranten Musiksauce Emotionen geschürt und der Zuschauer emotional manipuliert, vom Sterben aber letztlich doch verniedlichend in warmen lichtdurchfluteten Hochglanzbildern, in Gegenlichtaufnahmen und Einstellungen von Sonnenuntergängen erzählt. Nichts wird hier von Kates Schmerzen und Qualen erfahrbar, denn wirklich wehtun und mit der Härte des Sterbens konfrontieren will Cassavetes mit Blick auf das Einspielergebnis die Zuschauer doch nicht. Und am Ende muss es noch eine überraschende Wende geben, dass an der kleinen Anna auch wirklich kein moralischer Makel hängen bleibt.
So sehr freilich Cassavetes auf die Tränendrüsen drückt, so wenig geht aufgrund der inhaltlichen Unentschlossenheit, aber auch der weitgehend blass bleibenden Darsteller das Konzept hier auf. Allein Alec Baldwin als Anwalt und der hinreissende "Little Miss Sunshine"-Star Abigail Breslin, die Schwung und Witz in dieses bittersüsse Melodram bringen, vermögen zu überzeugen.
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Kommentare
Natürlich muss man weinen, dermassen wird auf die Tränendrüse gedrückt, dass man gar nicht umhin kommt, auch wenn einen der Film an sich ziemlich nervt, indem er das Unvermeidliche, die Konfrontation der Hauptfiguren, viel zu lange, bis es beinahe schon unglaubwürdig wird, aussen vor lässt.… Mehr anzeigen
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