Phantomschmerz Deutschland 2009 – 98min.
Filmkritik
Einbeinschweiger
Til Schweiger, das kann man wohl so sagen, hat seit geraumer Zeit einen Lauf. Eine ganze Weile war der Mann, der in den Neunziger Jahren mit Filmen wie «Der bewegte Mann» und «Knocking On Heaven's Door» zu Deutschlands größten Kinostar wurde, so gut wie weg vom Fenster, ausgewandert in die USA und dort in schlechten Nebenrollen («Driven», «Lara Croft Tomb Raider: The Cradle Of Life») versackt. Doch die Rückkehr in die Heimat - und vor allem das Comeback - sind längst geschafft: «Keinohrhasen» wurde zum sensationellen Überraschungserfolg, «1 1/2 Ritter» konnte sich durchaus auch sehen lassen und alleine bis Ende des Jahres wird er in drei neuen Filmen, darunter Tarantinos «Inglorious Basterds», zu sehen sein.
Vorher aber startet «Phantomschmerz», dessen von Schweiger verkörperter Protagonist Marc bestenfalls bei den Frauen einen Lauf hat. Ansonsten ist der passionierte Rennradfahrer eher der Kategorie Loser zuzurechnen: als Vater der 11-jährigen Sarah (Luna Schweiger) macht er nicht immer die beste Figur und statt jemals den alten Traum vom Schreiben zu verwirklichen, hält er sich mit Nebenjobs über Wasser, die ihm alsbald auch noch gekündigt werden. Doch dann erst schlägt das Schicksal richtig zu: gerade als es mit der süßen Nika (Jana Pallaske) ein wenig ernster werden könnte, erleidet Marc einen schweren Verkehrsunfall - und verliert dabei sein linkes Bein.
Soweit der nicht unbedingt überraschende Plot, der natürlich auch noch eine innere Wandlung Marcs und eine Wende zum Guten beinhaltet. Regisseur Matthias Emcke, der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, erzählt das weder besonders aufregend noch irgendwie tiefgründig; der Kampf gegen die Titel gebenden Phantomschmerzen wird, genau wie die Vater-Tochter-Beziehung, als Handlungselement letztlich arg vernachlässigt. Aber als solide Kinounterhaltung mit manch hübschem Moment kann «Phantomschmerz» durchaus punkten.
Vor allem aber zeichnet der Film ein klares Bild vom Erfolgssystem Schweiger, dessen Stärken und Schwächen hier gleichzeitig sichtbar werden. Unverkennbar kommt einerseits der Narzissmus des Stars ans Tageslicht, der sich, selbst wenn er nicht selbst Regie führt, bevorzugt mit engen Vertrauten wie seinem Produktionskollegen Emcke oder Töchterchen Luna umgibt. Über Marcs albern-zottelige Langhaarfrisur, deren Hauptzweck darin zu bestehen scheint, so zu tun als sei ihr Träger kein Schönling, darf man dabei schon mal schmunzeln. Und dass Schweiger sich nur noch mit 20 Jahre jüngeren Partnerinnen zu zeigen scheint, statt wie früher mit gleichaltrigen Kolleginnen wie Katja Riemann vor der Kamera zu stehen, wird allmählich pathologisch.
Aber «Phantomschmerz» zeigt eben auch, dass Schweiger, der auch wieder mitproduziert hat, wie nur wenige Kollegen versteht, wie man auch in Deutschland Kino für die große Masse machen kann. Seine Orientierung an amerikanischen Seh- und Erzählmustern mag nicht immer cineastisch hochwertig sein, effektiv und unterhaltsam ist sie allemal. Gleichzeitig weiß er aber eben auch längst genau, was er selbst kann und was nicht. Und dazu gehören, in der richtigen Rolle, durchaus auch die dramatischeren Zwischentöne.
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