Pinprick Ungarn, Schweiz 2009 – 92min.
Filmkritik
Hilfe, mein Kleiderschrank kann sprechen!
Der noch junge Daniel Young bringt nach einem verschlungenen Lebens- und Produktionsweg endlich seinen ersten Film ins Kino. Dem hochambitiösen Mutter-Tochter-Scheidungsdrama geht allerdings auf den letzten Metern schwer der Schnauf aus - mit desaströsen Folgen.
Ein etwa 30-jähriger Mann spricht durch die Ritzen eines Kleiderschranks im Dunkeln mit einem zirka 15-jährigen Mädchen. Der Kleiderschrank befindet sich in ihrem Zimmer, das Zimmer befindet sich in einem Einfamilienhaus, im Einfamilienhaus befindet sich noch die Mutter, aber der Vater, ein vermögender Arzt, ist ausgezogen. Die Mutter hat einen schweren Stand, denn die Tochter kennt so manches Geheimnis und kontert gnadenlos, wenn sie einen moralischen Rüffel einfängt. Und das geschieht oft genug, denn was hat die Mutter einer pubertierenden Tochter anderes zu tun als moralische Rüffel auszuteilen und zu kochen?
Eigentlich würde diese Mutter-Tochter-Beziehung schon Stoff genug liefern, und mit der überzeugenden Laura Greenwood als Tochter trägt die Konstruktion über viele Schlaglöcher im Drehbuch hinweg, welches der Regisseur selbst verfasst hat. Rachel Blake als Mutter hat nicht nur ihrer Rolle wegen einen schweren Stand, wie bereits bemerkt, sie wird von ihrer Filmtochter auch an die Wand gespielt. Noch schlimmer ergeht es allerdings dem 30-Jährigen: Solange er im Schrank bleibt, ist im inhaltlichen wie im schauspielerischen Sinne alles in Ordnung. Je mehr er sich zeigt, desto deutlicher werden seine mimischen Grenzen. Der Vater schließlich ruiniert in den wenigen Minuten seiner Auftritte nicht nur seine schauspielerische Reputation, er reißt auch die psychologische Konstruktion restlos ein.
Das ist aus zwei Gründen besonders ärger- und bedauerlich: Der mit wenig Geld aber viel Engagement in Ungarn realisierte Film spart gerade da, wo es nichts kostet außer einer guten Idee, und er vergeudet das Kapital seiner guten Momente und gelungenen Szenen. Young ist mit Michael Steiner befreundet, und man stellt sich die Frage, ob dieser von Steiners Kontraproduktion AG mitproduzierte Streifen nicht mehr Zeit und Geld benötigt hätte. Der in Texas aufgewachsene Doppelbürger ist als Regisseur und Drehbuchautor zwar keine halbe Portion mehr, doch würde die Qualität seiner Arbeit sehr profitieren, wenn er auch den männlichen Rollen eine gewisse Aufmerksamkeit widmen würde, auch wenn er sich - gemäß eigener Aussage - nur für Frauen interessiert, weil die interessantere Persönlichkeiten hätten.
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Kommentare
Wer Filme mag bei denen nicht zum vornherein klar ist wie sie ausgehen sollte auf keinen Fall Pinprick verpassen.
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