Public Enemies USA 2009 – 139min.

Filmkritik

«Alles, und zwar jetzt»

Benedikt Eppenberger
Filmkritik: Benedikt Eppenberger

Die Gangsterlegende John Dillinger lebt. Michael Mann hat mit Johnny Depp den idealen Darsteller für jenen Mann gefunden, der zu Zeiten der Grossen Depression mit unorthodoxen Selbsthilfemassnahmen zum Volkshelden wurde.

Als John Dillinger (Johnny Depp) seine zukünftige Geliebte Billie Frechette (Marion Cotillard) zum Mitkommen auffordert, meint diese kokett: «Ich kenn Sie doch gar nicht». "Public Enemies" erzählt die Story eines 31-Jährigen der nach einer Jugend in Gefängnissen und Verstecken 1933 nach Chicago kommt und auf die Frage der Geliebten « Was willst du?» ohne zu zögern antwortet: «Alles, und zwar jetzt». Die Geschichtsschreibung - und mit ihr die Zweifel - können warten.

«Jetzt», das sind die 1930er-Jahre, Depressionszeit, Arbeitslose. Vor dem Elend bilden Art Déco, glänzende Automobile, Kinotempel und Maschinenpistolen die glamouröse Fassade. Gegensätze ziehen sich an. Hungernde Proleten blicken auf zu Johnny Dillinger und Bonnie & Clyde. Die zeigen wie man auch ohne Konto eine Menge Geld von der Bank abheben kann. Verbrecher werden zu Stars. Leinwandikonen und Gangster kopieren sich gegenseitig. Präsident Roosevelt und FBI-Boss J. Edgar Hoover (Billy Crudup) erklären dem Verbrechen den Krieg. Sie wollen den sich bildenden Mythos im Keim ersticken. Technisch wird aufgerüstet. Wissenschaftlich methodisch wird nun ermittelt. Wir erleben den Überwachungsstaat in seinen Anfängen. Auch Kontakte zur Mafia werden ausgenützt. Die nämlich liebt's anonym und hasst deshalb, fast noch mehr als den Staat, öffentlichkeitssüchtige Staatsfeinde wie John Dillinger. Die sind schlecht fürs Geschäft.

Die gesichtslose Massengesellschaft wird Realität. Für Abweichung sorgen Gangster wie Dillinger, aber auch Einzelgänger der Gegenseite wie FBI-Mann Melvin Purvis (Christian Bale), der den Feind mit professioneller Beharrlichkeit aufspürt und dann im offenen Kampf zur Strecke bringt. Ein Mann mit Ehrgefühl eben. Und weil er weiss, dass er mit Respekt und seiner Berufsauffassung zum Relikt wird, ist er Dillinger nahe wie kein anderer. Eine typische Konstellation für Michael Mann ("Collateral", "Heat"), der immer wieder den coolen Einzelgänger im aussichtslosen Kampf gegen die stromlinienförmige Gesellschaft grandios hat untergehen lassen.

Auch in «Public Enemies» wird ein Eigensinniger gejagt und zur Strecke gebracht. Zuvor allerdings macht er kurz noch einmal mächtig Krach und beschämt damit die willigen Vollstrecker im Ameisenstaat. Man denkt: eine Figur, wie geschaffen für Johnny Depp, den Anarchisten und Romantiker unter Hollywoods Göttern. Und tatsächlich, die Verbindung gelingt. "Public Enemies" zeigt, um es mit Roberto Benigni in "Down by Law" zu sagen, «a sad and beautiful world - eine traurige und schöne Welt».

17.02.2024

4

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Kommentare

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gefuehlsmensch

vor 10 Jahren

Ich mag den Film mal so gar nicht.


cmyk

vor 11 Jahren

Der digitale Look nervt unsäglich. Schaut aus wie ein schlechtes VHS Video. Total daneben für die 1930er.


hallodoc

vor 15 Jahren

Das Ende ist lachhaft, der Film hat keine Spannung, ist zum Einschlafen.


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