Benda Bilili! Kongo, Dem. Rep. (ex Zaire), Frankreich 2010 – 85min.
Filmkritik
Spätsommermärchen mit Happy End
Erfolg in Europa ist die einzige Chance für die körperbehinderten Musiker, der Armut des Kongo zu entkommen. Die Begegnung mit den französischen Filmemachern Renaud Barret und Florent de la Tullaye liess diesen Traum Wirklichkeit werden.
Nachts sind die Träume allzu dürftig und kurzlebig auf den Strassen von Kinshasa. Anstelle des Kartons wünscht man sich eine Matratze zum Schlafen, ein Haus dazu über dem Kopf käme dem Himmel auf Erden gleich. Am Tage jedoch hat Ricky eine klare Vorstellung von der Zukunft: Seine Band, die Staff Benda Bilili, soll das beste Orchester im Kongo und über die Landesgrenzen hinaus berühmt werden. Erfolg mit der Musik oder die alte Nähmaschine wird sein Erbe für seine Familie sein. Ein Dazwischen existiert in der Realität des körperlich behinderten und alten Mannes im Kongo nicht.
Und so ziehen Ricky und seine Musiker in ihren aus Fahrrädern und Mopeds zusammengebauten Rollstühlen allabendlich durch die Strassen von Kinshasa, singen von Armut, Krankheit und der Hoffnung auf ein besseres Leben und lassen im Rhythmus ihrer bescheidenen Instrumente die Zuhörer für einige Momente ihr Elend vergessen. Die französischen Filmemacher Renaud Barret und Florent de la Tullaye haben diese ungewöhnliche Band über fünf Jahre lang begleitet und die Aufnahme ihres ersten Albums ermöglicht, dessen Erfolg sie dann auf Welttour brachte: eine Story, traumhaft wie ein Märchen, indes real und unglaublich zugleich.
Das Schicksal der Strassenmusiker und ihre ergreifende Musik aus Rumba, Funk, Blues und warmherzigem Gesang gehören zu den bemerkenswerten Komponenten des konventionell gemachten Dokumentarfilms. In kurzen, unspektakulär kadrierten Szenen läuft die Geschichte chronologisch linear auf den Durchbruch der Band hinaus. Ihre Lieder werden nicht ausgespielt, intensive Momente wie die Studioaufnahmen, Proben im Zoo der Stadt oder das Philosophieren der Strassenkinder über den Sinn des Lebens in Afrika bleiben kurz.
Für einen genaueren Blick auf das Leben in Kongo scheint kein Raum. So hasten die Jahre des Überlebenskampfs und der Ungewissheiten vorüber, ohne dass alle Musiker vorgestellt werden. Lediglich Papa Ricky und der junge Roger, der auf seiner aus einer Blechbüchse gebauten "Gitarre" imponierende Zupfsolos zaubert, werden ausführlich porträtiert. Konträr zum Engagement der Filmemacher am Erfolg der Musiker vermittelt der Film auf formaler Ebene einen distanzierten, auf reine Beobachtung beschränkten Standpunkt. Glücklicherweise können diese filmischen Schwächen dem Charme von Staff Benda Bilili nichts anhaben, und ihre Botschaft der Hoffnung und des Respekts schallt über die Kontinente hinaus.
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