Gatos viejos Chile, USA 2010 – 89min.
Filmkritik
Gefangen im eigenen Leben
Wer ins Alter kommt, muss nicht nur gegen eigene Unzulänglichkeiten kämpfen, sondern auch gegen besitzergreifende Verwandte: Eine Tochter hat es auf das Apartment ihrer Mutter abgesehen, die an Demenz leidet. Ein dramatisches Kammerspiel von Sebastián Silva und Pedro Peirano aus Chile.
Die hochbetagte Isidora versucht sich zurechtzufinden. Ihr Partner Enrique kümmert sich liebevoll um sie und die alten Katzen, macht Besorgungen und hält alles in Schwung. Als sich jedoch Isidoras Tochter Rosario telefonisch ankündigt, wird's kein Tag wie jeder andere. Das wissen beide. Isidora hat ein gespanntes Verhältnis zu ihrer Tochter, die obendrein gegenüber Katzen allergisch ist. Wie eine Furie überfällt sie ihre Mutter, Hugo (Catalina Saavedra) im Schlepptau, der eigentlich Beatrice heisst und eine Frau ist.
Die hektische, herausfordernde Rosario, die offenbar nicht viel aus ihrem Leben gemacht hat, snifft und lag ihrer Mutter häufiger auf der Tasche. Sie hat es auf die Wohnung Isidoras im achten Stock eines Hauses inmitten in Santiagos abgesehen. Die Mutter soll in ein Seniorenheim oder etwas Ähnliches umziehen. Isidora, unterstützt von Lebenspartner Enrique, lehnt ab. Als die rabiate Rosalio Emotionen schürt und ihrer Mutter schwere Vorwürfe macht, rastet die Achtzigjährige aus und nimmt Reissaus - in einem der Momente, in denen sie von Alzheimer heimgesucht wird. Sie verschwindet aus der Wohnung und stürzt sich in die Stadt.
Diese kleine Flucht ist ein Akt der Verzweiflung und des Ausbruchs. Die gehbehinderte Isidora ist in ihrer Wohnung (der Lift ist ausgefallen), in ihrer Krankheit (Alzheimer) und in ihrem festgefahrenen Leben gefangen. Die 90-jährige Bélgica Castro verkörpert diese Frau, die von ihrer Tochter der Lieblosigkeit beschuldigt und belastet wird, mit grosser Intensität und Überzeugungskraft. Ihr Partner, der Dramaturg und Theaterautor Alejandro Sieveking, steht ihr in Nichts nach (er ist auch im wirklichen Leben der Ehemann Bélgica Castros). Claudia Celedón hat es nicht leicht als furienhafte, anmassende Rosario. Sie muss eine unsympathische Person spielen, die dann scheinbar doch noch Mutterliebe erfährt.
Das Finale, etwas zu sehr geschönt, ist der schwächste Teil des Films, der ansonsten durch seinen dokumentarischen Charakter besticht. Wenn Silva freilich von "komödiantischen Elementen" spricht, ist das mit Vorbehalt zu geniessen. Der Schauspielerfilm ist keine Komödie, sondern ein sensibles, schmerzhaftes Altersdrama über Gefühle des Gefangenseins, der Verletzlichkeit und der zu späten Versöhnung.
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