Goethe! Deutschland 2010 – 99min.
Filmkritik
Ein Universalgenie als Popstar
Johann Wolfgang von Goethe ist vieles, je nachdem, wen man fragt: Dichter und Universalgenie, langweilige Schullektüre und konservativer Klassiker und für die Zuschauer von Johannes B. Kerner auch einer der besten Deutschen aller Zeiten. Aber ein Popstar? So hatte man ihn eigentlich noch nicht unbedingt gesehen.
Daran will nun mit Philipp Stölzl ein Regisseur etwas ändern, der früher immerhin Videoclips für Madonna oder Rammstein inszenierte, bevor er Filme wie "Nordwand" drehte. Mit seinem Biopic "Goethe!" widmet er sich dem Leben des Literaten mit Blick auf den jungen Kinogänger, der schmissige Dialoge und flotte Unterhaltung sucht - das verdeutlicht auch das coole Ausrufezeichen im Titel.
Entsprechend konzentriert sich der Film auf den jungen, noch weit von der Weltbedeutung entfernten Goethe. Im Straßburg des Jahres 1772 ist Johann (Alexander Fehling) gerade durchs Jura-Examen gefallen, parallel hagelt es harsche Absagen der Verlage für seinen ersten Roman "Götz von Berlichingen". Damit aus dem Jungen doch noch etwas Anständiges wird, schickt sein Vater ihn als Referendar nach Wetzlar zum humorlosen Gerichtsrat Kestner (Moritz Bleibtreu).
Doch dann verliebt er sich beim Tanzen ausgerechnet in die charmante Lotte Buff (Miriam Stein), die längst dem wohlhabenden Kestner versprochen ist, der deswegen das Duell mit seinem Untergebenen sucht. Im Kerker schließlich lässt der 23-jährige seinem Herzschmerz freien Lauf und bringt "Die Leiden des jungen Werther" zu Papier. Ohne sein Wissen lässt Lotte das Buch veröffentlichen - und so gewinnt er zwar nicht seine erste große Liebe zurück, aber doch jede Menge Fans, die bald Schlange stehen für ein Autogramm des Literatur-Stars.
Künstlerische Entstehungsprozesse interessieren Stölzl dabei ebenso wenig wie historische Genauigkeit. In "Goethe!" dreht sich stattdessen alles um das Stürmen und Drängen eines heißblütig Verliebten, um Romantik und den Sex im Wald, um saftige Kraftausdrücke und ein verschmitztes, der Obrigkeit entgegen geschleudertes "Lecket mich!". Reichlich Humor, gut aufgelegte Schauspieler und poppige Musik tun ihr übriges, den Film zu einer lässigen Angelegenheit werden zu lassen, für die erkennbar (und etwas übermächtig) "Shakespeare in Love" Pate stand.
Das Wechselspiel zwischen altmodischer und sehr gegenwärtiger Sprache geht dabei nicht unbedingt immer auf, die lockere Albernheit wirkt gelegentlich etwas zu gewollt und insgesamt würde man sich fast wünschen, Stölzl hätte sich beim Sprengen von Konventionen und Modernisieren sogar noch weiter aus dem Fenster gelehnt. Doch auch so werden wohl einige Deutschlehrer und Literaturpuristen die Nase rümpfen, während alle anderen sich freuen können, dass Johann Wolfgang von Goethe fortan auch als unterhaltsamer Kinoheld bekannt ist.
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Kommentare
Wieder ein toller, unterhaltsamer Film mit doch etwas historischem Hintergrund - Gratulation!
Schöne Darstellung der Geschichte um das Buch die Leiden des jungen Werther. Sehenswert!
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