La prima cosa bella Italien 2010 – 111min.

Filmkritik

Mamma mia!

Andrea Lüthi
Filmkritik: Andrea Lüthi

Ein Sohn besucht seine todkranke Mutter nach vielen Jahren und versöhnt sich mit ihr und seiner Vergangenheit. Doch leider weckt La prima cosa bella wenig Empathie; dazu ist der Film zu laut und zu hektisch.

Anna ist schön, hat einen unwiderstehlichen Charme und verdreht allen Männern unabsichtlich den Kopf. Ihr Ehemann ist eifersüchtig, Sohn Bruno schämt sich für sie. Das kann nicht gut gehen; vor allem, als Anna bei einer Miss-Wahl auch noch zur schönsten Mama Livornos gekürt und von allen bejubelt wird. Das ist 1971 - eine grellbunte, überdrehte Sequenz. Unsanft landet man in der Gegenwart. Bruno liegt im Park, ein Fussball knallt ihm an den Kopf. Alles ist grau und trist, und so sieht es auch in Bruno aus, mittlerweile in den Vierzigern. Seine Beziehung scheint am Ende, er nimmt Drogen. Doch dann teilt ihm seine Schwester Valeria mit, dass Anna todkrank ist. Bruno soll sie - nach Jahrzehnten ohne Kontakt - noch einmal besuchen.

Mit der Rückkehr nach Livorno nähert sich Bruno widerwillig seiner Vergangenheit an. Kamerafahrten von hoch oben führen zurück in die tief vergrabenen Erinnerungen, in die turbulente Zeit nach der Miss-Wahl: Anna wird vom Ehemann verstossen und kommt mit den Kindern bei unterschiedlichen Männern unter. Mit wechselnden Jobs bringt sie sich und die Kinder durch. Nebenbei flicht Regisseur Paolo Virzì hier eine Hommage an die Grossen des italienischen Kinos ein, als Anna sich als Statistin in einem Film von Dino Risi versucht und auch Sophia Loren und Marcello Mastroianni auf dem Set sind. Aber wo Anna, Bruno und Valeria auch hinkommen, immer führen Annas Schönheit und Charme zu Missverständnissen und bösem Geschwätz. Bruno weiss bald nicht mehr, wem er glauben soll, bis ihm als Jugendlicher der Kragen platzt und er den Kontakt zu Anna abbricht.

Im Grunde scheint es Dino Virzís Absicht, Anna als positive Figur des Films darzustellen. Sogar schwer krank steckt sie noch voller Lebenslust, kümmert sie sich um das Wohl anderer und sorgt für Überraschungen. Trotzdem rutscht sie in die Rolle des schönen, naiven Dummchens. Als Vorzimmerdame bei einem Anwalt begreift sie etwa nicht, wie sie das Telefon umschalten muss, und auf dem Filmset stolpert sie ungeschickt herum und ist nicht in der Lage, die einfachsten Sätze auswendig zu lernen. Da ist der depressive, in sich gekehrte Bruno doch die interessantere Figur, die aber in dem Film etwas untergeht. Denn stille Momente gibt es nur wenige; es wird viel gestritten, geschrien, gelacht und geredet.

La prima cosa bella ist ein leidenschaftlicher und ungestümer Film, unterstrichen mit aufdringlichem italienischem Pop. Dino Virzís Film hat zwar Unterhaltungspotential, aber er lässt einen wegen seiner Überdrehtheit und Lautstärke kaum Zeit, Atem zu holen, geschweige denn, mit den Figuren mitzufühlen.

18.02.2024

3

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