Filmkritik
Mosaik des Islams
Drei junge Muslime in Berlin, drei sehr unterschiedliche Konflikte. Der Abschlussfilm des deutschen Nachwuchs-Regisseurs Burhan Qurbani wagt einen facettenreichen Querschnitt durch den Islam in Deutschland.
Der Titel des Films von Burhan Qurbani, der als Diplom-Abschlussfilm auf Anhieb in den Wettbewerb der Berlinale eingeladen wurde, bezieht sich auf ein Glaubensbekenntnis des Islams. Einen Film über die Religion hatte der deutsche Sohn afghanischer Eltern trotzdem nicht im Sinn, wie er im Interview betont: "Ein allgemeines Statement nach dem Motto 'so ist es, so muss es sein' war das Letzte, was wir wollten. Stattdessen ging es darum, kleine und möglichst allgemeingültige Geschichten über Menschen zu erzählen, die immer wieder an ihre Grenzen getrieben werden."
Die drei Menschen, die er dabei meint, ringen in "Shahada" mit sehr unterschiedlichen Problemen, aber eben doch auch alle mit ihrer Religion. Der türkischstämmige Polizist Ismail (Carlo Ljubek) begegnet einer Kroatin wieder, die vor einigen Jahren von einem Querschläger aus seiner Waffe lebensgefährlich verletzt wurde und ihr Baby verlor. Die lebenslustige Maryam (Maryam Zaree) treibt ihr ungewolltes Kind ab und sucht danach plötzlich Halt im Glauben. Und der junge Samir (Jeremias Acheampong) aus Nigeria kann nicht mehr länger leugnen, dass er für seinen Kollegen und Kumpel Daniel vielleicht doch etwas mehr empfindet als bloß Freundschaft.
Als roter Faden durch diese Berliner Episoden dient Maryams Vater (Vedat Erincin), der als Imam besonnen und aufgeklärt eine kleine Moschee in Kreuzberg leitet. Der plötzlichen Fundamentalisierung seiner Tochter steht er fast hilflos gegenüber - und ist als positive Leitfigur (und damit gebrochenes Klischee) eine der Stärken des Films. Gleiches gilt für den Facettenreichtum, den er mit seinem sehr unterschiedlichen Personal aufmacht, um so schließlich doch einen Querschnitt durch verschiedene Aspekte des Islam in Deutschland abzuliefern.
Darstellerisch, aber auch dramaturgisch hat "Shahada" immer mal wieder Schwächen; gerade in der Maryam-Episode hätte man sich hie und da etwas mehr von Qurbanis anderswo durchaus vorhandener Subtilität gewünscht. Gleichzeitig entwickelt der Film allerdings Stärken, wo man sie vielleicht bei einem Debüt mit solcher Thematik gar nicht erwartet hätte. Die Kameraarbeit von Yoshi Heimrath ist in einer Art und Weise durchstilisiert, wie man sie im deutschsprachigen Kino selten so beeindruckend sieht; Schnitt und Musik stehen dem nur wenig nach. Die visuellen und technischen Aspekte des Filmemachens derart in den Vordergrund zu rücken und bisweilen direkt mit der Geschichte in Reibung treten zu lassen, ist mutig. Man darf daher jetzt schon gespannt sein, was dieser Regisseur sich erst traut, wenn er noch an Erfahrung und Souveränität hinzugewonnen hat.
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