CH.FILM

Unser Garten Eden Schweiz 2010 – 97min.

Filmkritik

Konflikte und Konsens im bürgerlichen Paradies

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Ihre kleine grüne Welt ist überschaubar - und ein bunter gesellschaftlicher Mikrokosmos. Mano Khalil hat zwei Jahre lang Geschichten aus einem Schweizer Schrebergarten zusammengetragen; sein Dokumentarfilm gibt Einblicke ins multikulturelle Zusammenleben auf begrenztem Raum.

Für Ernst «Aschi» und Hausi Wirth zum Beispiel ist ihr Schrebergarten mehr als ein Gemüsebeeet: Er ist für die beiden geschiedenen Brüder zum Zuhause geworden, zur gefühligen Heimstätte, zum einem kleinen Garten Eden eben. Verschiedene Schicksale treffen hier im grünen Areal in Bottigenmoos bei Bern-Bümpliz aufeinander. Das ist etwa das polnische Ehepaar Janosch und Aldona Goganski. Die beiden leben seit fast 40 Jahre in der Schweiz. Er hat Krebs. Seine Frau erträgt's nicht mehr, trennt sich. «Es gibt im Leben machmal Geschichten ohne Happy End», meint sie traurig. Am Ende sitzt er allein in seinem Gartenhäuschen. Ein buchstäblich buntes Paar bilden die Berner Oberländerin Marguerite Pfister (67) und Mohammed Barka (73) aus Algerien. «Ich bin Protestantin, mein Mann ist Muslim», sagt sie. «Das war noch nie ein Problem und wird es auch nicht in Zukunft sein.» Wie schön, wenn's öfters so wäre im Schweizer Alltag.

Heile Schrebergartenwelt? Bei weitem nicht. Aber immerhin, man rauft und redet sich zusammen, motzt und mäkelt, findet aber meistens einen gemeinsamen Dreh, einen gemeinsamen Nenner. Gartenpräsident Giuseppe Assante, ein Italiener nach Schweizer Bürgermass, sorgt für Ordnung - pedantisch, akkurat und gutmeinend fürs Gemeinwohl - eben wie ein gutbürgerlicher Schweizer. Aber er empfindet seine «Situation schlimmer als die von Bush». Nun, die unseligen Bush-Zeiten liegen hinter uns. Doch haben Schrebengärten und ihre Bewohner eine Zukunft? An manchen Orten sind sie bedroht, in Zürich beispielsweise, und müssen weichen.

Mano Khalil, ein gelernter Kameramann kurdischer Abstammung, beschreibt diese kleine «heile Welt» im Grünen liebe- und verständnisvoll. Er klammert dabei Konflikte und Konfusionen nicht aus, findet aber Konsens, Wärme und ein Stück Geborgenheit in einer brodelnden unsteten Welt. Mit jedem Filmmeter spürt man seine Anteilnahme, seine Zuneigung zu den Protagonisten, die ihm grosses Vertrauen entgegenbringen. Khalil analysiert, kommentiert oder kritisiert nicht. Er lässt die Menschen für sich selber sprechen. Dank seines Gespürs für Menschen ist das spannende Bild eines Mikrokosmos entstanden - mit allen Makeln und Meriten. Das Spiegelbild einer Multikulti-Gesellschaft im Grünen - authentisch und hoffnungsvoll.

22.06.2010

4

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Kommentare

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nussknacker

vor 13 Jahren

fantastisch... einen besseren einblick in die welt des schrebergärtner-daseins mit allem drum und dran wird man kaum bekommen.


selinaburri

vor 14 Jahren

wunderbar!! mehr kann ich nicht sagen.


miladanova

vor 14 Jahren

+++++


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