Am Ende eines viel zu kurzen Tages Deutschland 2011 – 97min.

Filmkritik

Wenn die Superkräfte schwinden

Urs Arnold
Filmkritik: Urs Arnold

Ein krebskranker Teenager ist in seiner Fantasiewelt ein unverletztbarer Superheld. Wird der Geist obsiegen, oder doch die Realität?

Der Tanz der Hormone allein ist es nicht, der die Stimmung des 15-jährigen Donald (Thomas Brodie-Sangster) so unstet macht. Donald hat Krebs, und ob's gut kommt oder nicht, kann niemand sagen. Ist der Youngster mal wieder schlecht drauf, geht er spazieren - auf dem Geländer über einer Autobahn oder auf den Bahngeleisen, dem Zug entgegenlaufend. Schliesslich, so Donald, ist das Leben eh nur eine durch Sex weiterverbreitete Krankheit.

Die Eltern dringen zum Sohnemann nicht mehr durch; zu tief hat der sich in seine Desillusioniertheit gehüllt, die er mit seinem aussergewöhnlichen Zeichen-Talent auf Papier, und zuweilen auf Hausfassaden verbildlicht. Dann wird er zum unbesiegbaren, aber zugleich gefühlskalten Superhelden. Niemanden gewährt Donald Zutritt in diese Welt. Einsicht in sie bekommt Dr. Adrian King (Andy Serkis) jedoch durch dessen Eltern, die ihm einige Zeichnungen zustecken. King ist der x-te Psychiater, der Donald helfen soll: ein Mann mit unkonventionellen Methoden, auf die sein neuer Patient nach erster Ablehnung tatsächlich anspricht. Was auch damit zu tun hat, dass Donald mit der eigenwilligen Shelly (Aisling Loftus) endlich ein Mädchen kennengelernt hat.

Diagnose: Krebs im Kino. Zu viele scheinheilige Trändendrüsen-Werke pflasterten den Weg der Filmgeschichte, als dass man Death of a Superhero frei von jeglichem Misstrauen begegnen könnte. Und doch sah das scheinbar toterzählte Subgenre um Krankheit, Leid und Tod dieses Jahr mit Andreas Dresens Halt auf freier Strecke ein dringliches, radikales Meisterwerk. Ian Fitzgibbons Film ist zwar nichts von alledem, aber dennoch sehenswert und emotional berührend.

Errichtet ist die Filmversion von Anthony McCartens Bestseller auf solidem Fundament. Die Charaktere des bitteren krebskranken Jugendlichen, des gammeligen Intellektuellen, der Schulschönheit mit dem Hang zum Freak und der überbesorgten Eltern sind geläufig. Originalität beweist der Film in erster Linie im Einweben der von der deutschen Animations-Schmiede Trixter produzierten Comic-Sequenzen, in der sich Donalds Zerrissenheit allegorisch darlegt.

Seine Wirkung entfaltet Death of a Superhero weniger von seiner etwas vorsehbaren Coming-of-Age- bzw. Death-Story, sondern von den überzeugenden Darbietungen der Schauspieler, mit einem bereits sehr erfahrenen 22-jährige Thomas Brodie-Sangster (er spielte Paul McCartney in Nowhere Boy) als perfekter Besetzung des Donald und einem stoisch-brummligen Andy Serkis als Seelenklempner mit Altlasten. Überdies vermeidet es der Film, sich in trübste Sentimentalitäten-Gewässer zu begeben - Schneuzer wird man im Kinosaal dennoch vernehmen können.

20.04.2024

3

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