Der Verdingbub Schweiz 2011 – 108min.
Filmkritik
Ein Unglück kommt selten allein
Markus Imbodens Tatort gab kürzlich zu reden, jetzt kommt ein Film von ihm ins Kino, in welchem erstmalig das schreckliche Schicksal von schätzungsweise 100'000 Verdingkindern behandelt wird. Sein ambitioniertes und verdienstvolles Unternehmen leidet unnötigerweise an einigen hausgemachten Problemen.
Eigentlich gäb's genug Stoff aus unserer turbulenten Gegenwart, aber im Film scheint Aufarbeitungszeit angesagt. Befasste sich Marius Holst unlängst mit ein paar Dutzend Jugendlichen auf einer Art Sträflingsinsel, so greift Markus Imboden ein im Vergleich dazu gigantisches Problem auf: Schätzungsweise 100'000 Kinder wurden als billige, rechtlose Arbeitskräfte meist an Bauernfamilien verschachert, bis diesem Verdingkinderunwesen erst nach dem Zweiten Weltkrieg ein Ende gesetzt wurde. Vorwiegend im Kanton Bern wurde dieses System praktiziert, und so ist es nur logisch, dass dort auch gedreht wurde. Die letzten Leidtragenden leben sogar noch, einige erzählten Markus Imboden ihre schrecklichen Erlebnisse - darunter sein eigener Vater!
Dieser erste Film zum Thema startet also aus einer guten Position, ächzt aber unter der Last, es allen recht machen zu wollen. Kaum ein Übel wird ausgelassen, das den beiden Verdingkindern, Max und Berteli (vortrefflich: Lisa Brand), angetan werden kann. Die "Gastfamilie" ist zerrüttet, der Bauer (Stefan Kurt) ein Alki, die Bäuerin (Katja Riemann) verbittert und der erwachsene Sohn ein ungehobelter Tunichtgut.
Bevor die beiden jungen Verdingkinder auf den Hof kommen, wird eines zu Grabe getragen: Es war nicht das erste und sollte nicht das letzte sein, doch niemand klärt die Todesursache ab; eine beträchtliche Anzahl dieser armen Kinder nahm sich angeblich selbst das Leben. Einzig die junge Lehrerin (überzeugend: Miriam Stein) in der Schule des Dorfes setzt sich für die beiden ein, weil sie die Symptome von Misshandlung und Ausbeutung richtig zu deuten weiß. Es ist ein Kampf von David gegen Goliath, und ob sie damit etwas verbessert oder sogar verschlimmert, ist nicht klar.
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Kommentare
Eindrückliche Beschreibung des Lebens und Leidens eines Verdingbubs in der Schweiz vor noch nicht allzu langer Zeit.
Es werden sämtliche Clichés über die Schweiz bedient. Leider sprechen die Darsteller eine Sprache, die nicht dem im Emmental gesprochenen Dialekt nahe kommt. Und warum auch in diesem Film ein Quoten-Deutscher (Maximilian Simonischek) auftauchen muss, ist unklar.
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