Buebe gö z'Tanz Schweiz 2012 – 85min.
Filmkritik
Spagat zwischen Rock, Rhythmen und Tanz
Eine Berner Rockband und eine Balletttruppe: Wie geht das zusammen? Steve Walker, ein Berner aus Neuseeland, hält in bewegten Bildern fest, und das in mehrfacher Hinsicht, wie sich wirbelnde Beine und rumpelnde Rhythmen finden: Die Kummerbuben rocken mit dem Bern Ballett.
Da hocken sie in ihrem Gewölbekeller, zupfen am Kontrabass, lassen die Saiten jauchen, das Saxophon röhren, bearbeiten Drums und Akkordeon. Simon Jäggi singt Lieder aus dem "Rösligarten", einer Sammlung Schweizer Volkslieder, und erneuert sie. Die Band bringt sie in Rockform - rumpelig, schräg und doch irgendwie folkig-frisch und rockig neu. Die Berner Kummerbuben, sechs Jungs, sind jetzt dabei, von der Aare aus die Schweiz zu erobern, die Deutschschweiz und ein bisschen mehr, zum Beispiel auch Konstanz und Süddeutschland. Zuvor jedoch um 2011 gab's die Begegnung mit Berner Ballerinen. Die suchten eine Eigenkreation, eine Herausforderung und starteten mit den musikalischen Mannen um Bandkopf Jäggi ein Experiment: Rock und klassischer Tanz - verträgt sich das, trägt sich das?
Die Tänzerin Izumi Shuto und Choreografin Martina Langmann vom Bern Ballett sind die treibenden Kräfte, sie wollen eigene Choreografie schaffen: mit der Musik der Kummerbuben, die dazu eigene Songs beisteuern und dem ganzen Projekt eine musikalische Basis geben sollen. Man beschnuppert sich, argwöhnt, ist verunsichert und stürzt sich dann mit Vehemenz, Fleiss und Rockherzblut ins Unternehmen. Es gibt krasse Unterschiede in der Arbeitsauffassung, in der Entwicklung, in der Wahrnehmung, und doch findet man sich Schritt um Schritt, Song um Song. Rückschläge, Zwistigkeiten und Ausfälle sind unvermeidlich. Ein Bandmitglied wechselt sich aus, eine Tänzerin erkrankt, lässt los. Und am Ende stehen sie gemeinsam auf der Bühne des Stadttheaters: die engagierten Ballettratten und die Mundart-"Rockgiele", die sich einlassen und begeistern lassen - für eine 40minütige Performance "Am Quai", 2010 in Bern uraufgeführt.
Unfällig wie ein Zeitzeuge, wie eine Vertraute ist die Kamera von Markus Heiniger dabei, der auch als Koproduzent agierte - haut- und gefühlsnah. So gelingt es Steve Walker mit seinem ersten Kinodokumentarfilm, den kreativen Prozess unterschiedlichster Akteure einzufangen, das ist spannender und aufregender als mancher Spielfilm aus Schweizer Küche. Der Film beschreibt nicht nur die Arbeit an einem Bühnenwerk, einem tänzerischen Konzert sozusagen, sondern auch kleine Tragödien, Reibereien, Befindlichkeiten - und ein Erfolgserlebnis. Das ist hörens- und sehenswert - und war einer der überraschenden Höhepunkte an den Solothurner Filmtagen 2012.
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Kommentare
endlich wieder ein schweizer-film. weiter so. amüsant. ein vergnüglicher kino-abend erwartet jeden, welcher sich den film ansieht
Mit Abstand bester Schweizer Dokumentarfilm in diesem Jahr. Ein amüsanter und so erfrischender Leckerbissen aus der Berner Kulturszene.
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