Die Wiesenberger Schweiz 2011 – 90min.
Filmkritik
Töne und Tränen
Die Jodelgruppe aus Nidwalden ist ein Phänomen: 20 Jahre lang tritt sie in bescheidenem Rahmen auf, der Aufwind der Volksmusik-Renaissance in den letzten Jahren trägt sie auf den Olymp der Szene, und inzwischen ist sie auch weiteren Kreisen bekannt. Bernard Weber und Martin Schilt begleiten die "Wiesenberger" zwei Jahre lang und sehen ihnen zu, wie sie den Absturz vermeiden.
Ihren idyllischen Namen nahmen sie vom Wiesenberg, auf oder an dem sie alle wohnen. Sie singen nicht nur die althergebrachten Jodellieder. Ein Mitglied entwickelt in Zwiesprache mit dem echoreichen Naturstudio am Stanser Horn neue Stücke, und auch Werke von Kollegen "ennet dem Hag" wie "Ewigi Liäbi" haben den Weg ins Repertoire gefunden. Das ist zwar musikalisch einfache Kost, aber es kommt vom Herzen und ist stimmwerklich auf ansingendem Niveau - keine Halbheiten und keine Halbtöne.
So kann man vielleicht einen Teil des Erfolgs erklären, der auch im Film als Pluspunkt zu Buche schlägt: Selbst die Volksmusikfernen werden nicht mit öden Oldies oder falschen Tönen vergrault, sondern von der schlichten und doch engagierten Darbietung fasziniert und im besten Falle berührt. Mit der Analyse hält sich der Film allerdings vornehm zurück, auf Kommentare oder Expertenmeinungen wird verzichtet, zu Wort kommen einzig die Chormitglieder und einmal Polo Hofer, der sich bei einer gemeinsamen Aufnahme zur Bemerkung hinreißen lässt, dass er noch das Fach wechsle, so schön sei es.
Sehr gut wird gezeigt, wie echte Demokratie in diesem kleinen Männerverein praktiziert wird - nur die Dirigentin schlägt aus der Art -, deren Mitglieder voll im Leben stehen und von der Wiege bis zur Bahre wichtige Anlässe mit ihrer Kunst beglücken oder einfach während der Arbeit vor sich hinsingen. Da zahlt es sich aus, dass sich die Filmer Zeit ließen und ein persönliches Verhältnis zu ihren angehenden Stars aufbauten, denn sonst wären einige wirklich private Situationen nicht mit der Kamera festzuhalten gewesen.
Als kleinen Wermutstropfen muss man schlucken, dass einige Fachfragen weder gestellt noch diskutiert werden, deren Antworten auch musikalisch interessierte Laien gern erfahren hätten (Profis sowieso). Da hätte eine kompetente Beratung etwaige Defizite beim Regie-Duo beseitigen können. Das tut dem unterhaltsamen und gehaltvollen Resultat aber keinen Abbruch.
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