Mademoiselle Populaire Frankreich 2012 – 111min.

Filmkritik

Schneller als die Maschine erlaubt

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Tippen wie die die Weltmeister! Ein französisches Landei kämpft nicht nur mit der Schreibmaschine, sondern auch um die Liebe zu ihrem Drillmeister - als wäre Doris Day in einem französischen Büro gestrandet. Régis Roinsards Liebeskomödie versprüht den Charme der 50er-Jahre und amüsiert nostalgisch.

1958. Der Rock'n'Roll dringt bis in die Normandie vor. Auch hier werden die Röcke kürzer, aber Emanzipation ist noch ein Fremdwort. Rosie (Déborah François) will nicht im Krämerladen ihres Vaters versauern und beschliesst, sich als Sekretärin zu bewerben - damals ein Traumjob. So macht sich das Landei in die nächst grössere Stadt auf, um sich in die Reihe hübscher und affektierter Damen einzureihen, die bei Louis Echard (Romain Duris) vorstellig werden.

Als Schreibtischdame ist Rosie eine Null, aber ihr Chef entdeckt ein anderes Talent an ihr: Rosies Finger flitzen wie die Feuerwehr über die Schreibmaschine. Der ehrgeizige Louis beginnt, seine Schreibkraft zu drillen und für Schnellschreib-Wettbewerbe fit zu machen. Es gibt Rückschläge, aber seine Schreibmaschinenkraft steht ihren Mann und mausert sich. Das Landei avanciert zum Star, zur "Mademoiselle Populaire". Sie feiert Triumphe mit der klapprigen Triumph und bringt es 1959 bis zur Weltmeisterschaftsteilnahme in New York – mit dem Schreibmaschinenmodell "Populaire", die damals ein Bestseller war. Die Firma Japy und Juniorchef (Nicolas Bedos) haben sie unter ihre Fittiche genommen. Doch Rose träumt nur von ihrem Drillmeister, aber der schmollt in Frankreich.

Die Liebeskomödie über flinke Finger, pinke Schreibmaschinen, adrette Girls und einem schier hoffnungslosen Fall amüsiert als nostalgische Gesellschaftsfarce mit schön eingefärbtem Hintergrund, tief in Farben, Eigenarten und Stimmungen der 50er-Jahre eingetaucht. Rose, die Daisy-Figur mit dem Pferdeschwanz, ist ein bisschen Audrey Hepburn, ein wenig Andrey Tautou. Sie wird erwachsen und aufmüpfig. Um sie herum drappiert Roinsard sein nostalgisches Stimmungsbild. Man schmunzelt und staunt, wie lang das schon her ist? Just 50 Jahre. Régis Roinsard ergötzt sich an den späten Fifties, deutet mit seiner Figur Rose – charmant-adrett verkörpert von der Belgierin Déborah François -den Hauch einer Emanzipation und den Beginn der Leistungsgesellschaft an.

Seine leicht verdauliche Performance mit Musicalanleihen und Cha-Cha-Einlagen um ehrgeizige «Tippsen» und geschniegelte "Herrenmenschen" ist keine bissige Satire, sondern ein beschwingter liebenswürdiger Ausflug in die Vergangenheit. Wunderbar auch der kleine Seitenhieb auf gern gepflegte und gehegte Klisches, die da heissen: «America for business, France for love.» Ein Film wie ein altmodisches Bonbon, bunt, und etwas klebrig. In der Tendenz stimmig und süss.

03.05.2024

3

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Kommentare

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Janissli

vor 6 Jahren

Süsser Film, doch leider mit ziemlich lahmer Story.


Barbarum

vor 9 Jahren

Klasse Ausstattung und Darsteller sorgen für eine romantische Reise in die 50er Jahre.


8martin

vor 9 Jahren

Ein Zeitbild der 50er Jahre, als alles noch quietschebunt war, die Töchter gehorsam, der Fernseher in s/w und die Röcke ausgestellt glockig.
Bereits der Aufmacher weist den Weg. Es wird der Ist-Zustand des Schreibmaschinenschreibens beleuchtet und der mögliche Progress angedeutet. Und als Liebesfilm geht es gleich in die Vollen. Von der ersten Szene an verzaubert uns Rose (Déborah Francois) mit ihrem Charme. Nicht ihre Tränen sondern ihr betrübt unglücklicher Blick nimmt einen gefangen. Eine junge Frau zwischen Hingabe und Eigenständigkeit und ihr Chef Louis (Romain Duris) – neben Rose eigentlich eine Fehlbesetzung – entwickelt sich notgedrungen vom Ekel zum Liebhaber.
Neben der physischen Körperertüchtigung wird, Klavierspielen (von Bérénice Bejo als Lehrerin) und Blindschreiben trainiert. Es geht vom Zweifingersuchsystem zum Zehnfinger Turbotippen. Und es herrscht eine echte Wettkampfatmosphäre bei den Meisterschaften. Hier kämpfen Löwinnen. Und ständig schwelt eine mögliche amouröse Beziehung zwischen Rose und Louis. (Sie: ‘Ich liebe dich‘, Er ‘Ich dich aber nicht‘.) Der Vorhersehbarkeit tut das überhaupt keinen Abbruch. Als es dann endlich klappt, wird optisch ein Höhepunkt gesetzt: wechselndes Licht, man sieht nur den langen Kuss und den Striptease, wobei die Kamera so nah dran ist, dass die Fantasie gefragt ist. Es gibt auch witzige Szenen, wenn zum Beispiel mit der Prüderie der 50er Jahre kokettiert wird oder sie, die früher mal die ‘Seiten umblätterte‘ seine Hand verbindet. Beide Familien bilden einen amüsanten Rahmen, in dem Miou Miou ein Cameo hat. Und Liebeskummer gehört natürlich auch dazu wie die Pomade ins Haar der Jungs von damals. Und selbst wenn sich Rose und Louis fetzen, findet der Streit in einer Wolke aus Puderzucker statt. Wohfühlkino total! Leicht bekömmlich und süß.Mehr anzeigen


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