The Sessions USA 2012 – 95min.
Filmkritik
Anspruchsvolles Gefühlskino
Behindert bis zur Halskrause, aber sex- und lebensbegierig: Der Dichter Mark O'Brien, seit dem 9. Lebensjahr an eine eiserne Lunge gebunden, will seine Jungfräulichkeit verlieren. Regisseur Ben Lewin setzt sensibel und sinnlich eine ungewöhnliche Liebesgeschichte in Szene.
Behinderte Menschen, die sich wie normale Menschen verhalten, dieselben Bedürfnisse und Sehnsüchte haben, sind im Kino keine Seltenheit mehr. Ein Diener aus der Unterschicht und ein gelähmter Reicher aus der französischen Oberschicht wurden zu den Intouchables – und ein grosser Kinoerfolg. Bereits 1996 entstand der Dokumentarkurzfilm "Breathing Lessons: The Life and Work of Mark O'Brien" und wurde mit einem Oscar prämiert. Nun hat sich Autor und Regisseur Ben Lewin, selber behindert, des Stoffs angenommen.
Berkeley 1988. Ein Bild, das ein fatales Schicksal verdeutlicht: Ein Mann in einer Röhre, nur der Kopf ist sichtbar. Mark O'Brien (John Hawkes), Journalist und Dichter, hat den grössten Teil seines Lebens in dieser Eisernen Lunge verbracht, nur ein paar Stunden ist er davon befreit. Eine Polio-Erkrankung hatte ihn vom Nacken abwärts gelähmt. Jetzt, mit 38 Jahren, will Mark endlich einen grossen Traum verwirklichen und mit einer Frau intim werden. Ein unkonventioneller Beichtvater (William H. Macy) wird sein Ratgeber, Freund, Seelsorger. Pflegerinnen wie Amanda (Moon Bloodgood) geben ihm viel Zuneigung, aber Mark will entjungfert werden, will Sex. Cheryl (Helen Hunter), Mutter und Ehefrau, befasst sich als Sextherapeutin (Sex Surrogate) mit Männern, die sexuelle Schwierigkeiten haben. Sechs Sitzungen verspricht sie ihm, und führt Mark Schäferstündchen um Schäferstündchen zum Höhepunkt, der gleichzeitig zur Zäsur wird. Sie hat sich verliebt.
Es sind nicht der sexuelle Akt, nicht Körperlichkeit oder Geschlechtsverkehr, die einen fesseln, sondern das Zwischenmenschliche, die Lebenslust und Liebe im Drama. Ben Lewin schildert die Ängste, Scheu und Sehnsüchte eines zur Unbeweglichkeit verdammten Mannes, der mit dem Mund schreibt, und die Sensibilität und Zuneigung einer Therapeutin mit vollem Körpereinsatz. Dass die intimen, aber nie pornografischen Nacktszenen so natürlich und gewöhnlich wirken, hat auch mit der Darstellung Helen Hunts zu tun, die einem nie das Gefühl gibt, Voyeur zu sein. Das Liebesdrama, sinnlich, aber nicht sexistisch, hält die Balance zwischen Gefühligkeit und Anteilnahme. «Wenn Worte berühren» heisst der deutsche Untertitel: The Sessions berührt eindrücklich – durch seine Sprache, Bilder und die Akteure.
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Kommentare
Unverfälscht und leicht wird hier der Umgang mit Liebe und Sexualität gepflegt. Die hervorragenden Darsteller und die Erzählweise unterstreichen zusätzlich den beschwingten Ton.
es hat mich einfach nicht reingezogen in diese Geschichte, da denkt man wow wie mutig Sex und Behinderung, aber dann... er ist einfach ein Mann, der Sex will und es auch bekommt, voilà
Super gespielt vor allem von Helen Hunt toller Film mit viel Gefühl!!!!!
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