Tutti giù Schweiz 2012 – 90min.
Filmkritik
Tessiner Kids suchen den Kick
Drei junge Leute leben ihre Passion: Einer ist ein "angefressener" Skateboarder, einer ein Sprayer und sie eine ambitionierte Skirennfahrerin (Lara Gut in ihrer ersten Filmrolle). Niccolò Castelli hat einen Szenefilm realisiert - zeitnah, frisch und authentisch.
Sie ist mit Speed und besten Zwischenzeiten unterwegs. Und dann das: ein Sturz so kurz vor dem möglichen Gewinn. Kennen Sie diese Situation? Theoretisch vielleicht. Die Schweizer Skirennfahrerin Lara Gut - hier in ihrer ersten Filmrolle zu sehen - hat solche Zwischenfälle am eigenen Leibe erfahren. Mit so einem Missgeschick, einem Ausfall, einer Niederlage, die physisch und psychisch nachwirkt, hat auch Chiara zu kämpfen. Aber um eines von Anfang an klar zu stellen: Tutti giù ist kein Film über das Postergirl der Schweizer Sifahrerinnen, sondern mit ihr, auch wenn Originalszenen von den Rennen in Sölden, Saas Fee oder St. Moritz eingebunden sind. Der Spielfilm vernetzt in diesem Fall geschickt geschehene Wirklichkeit und gespielte Wirklichkeit.
Dem Tessiner Niccolò Castelli ging es um ein Lebensgefühl, um Lebensambitionen und Selbstbestimmung. Der Skater Jullo (Yanick Cohades aus Nyon) sucht die Herausforderung auf Skateboardbahnen, in der Artistik, in der Körperbeherrschung. Ähnlich ergeht es der Skirennfahrerin Chiara (Lara Gut aus Sorengo), die in ein Loch fällt. Und dann ist da noch Edo (Nicola Perot, italienisch-schweizerischer Doppelbürger aus Zürich), der fragile Sprayer, der sein Werk zerstört sieht. Der eine erfährt von einer bedrohenden Krankheit, der andere wird Opfer aggressiver "Fans" nach einem Eishockeymatsch in Lugano.
Sie alle suchen den Kick, das absolute Glücksmoment - zwischen Hängen und Asphaltpisten. Sie sind stark, sie sind schwach, sie sind "Kinder" unserer Zeit. Es reizt sie die Herausforderung, sie setzen sich dem Leben aus, eines endet tragisch. Es gehe ihm um "die Bewusstseinsbildung in dem Moment, in dem du zu laufen beginnst und erschrickst, wohin du gehst, aber gleichzeitig weißt, dass es die grösste Gefahr wäre, stillzustehen", sagt Regisseur Castelli.
Tutti giù setzt ein Signal in verschiedener Hinsicht - thematisch, aber auch praktisch. Der Spielfilm, produziert von Villi Hermann und Imagofilm Lugano, kostete soviel wie ein "Tatort", nämlich rund 1,7 Millionen Franken. Hermann fungierte quasi als Doktorvater, er half ihm auf die Beine - auch ohne Beihilfe des Tessiner Fernsehens. Ein Equipenfilm, in dem sich Lara Gut sehr professionell eingeordnet hat und der ein breites Publikum in der Deutschschweiz finden sollte.
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