Zero Dark Thirty USA 2012 – 157min.

Filmkritik

Triumph im Schatten

Michael Lang
Filmkritik: Michael Lang

Bin Laden suchen und töten: Kathryn Bigelow (The Hurt Locker) rekonstruiert die zwiespältige Ermittlungsarbeit der Geheimdienste als beklemmendes Filmdrama zwischen Wahrheit und Legende.

Die Leinwand ist dunkel. Man hört Notrufe aus dem New Yorker World Trade Center am 11. September 2001. Dann wird in einer qualvoll langen Szene ein mutmasslicher Terrorist von Verhörspezialisten des CIA brutal gefoltert, scharf beobachtet von der der jungen Maya (Jessica Chastain). Ihre Figur ist real existierenden Agentinnen nachempfunden, die mit Hartnäckigkeit und Scharfsinn entscheidend zur Eliminierung des Al-Qaida-Führers Osama Bin Laden am 2. Mai 2011 beigetragen haben.

Nach The Hurt Locker, ihrem mehrfach Oscar-gekrönten Drama über Minensucher im Irak-Krieg, wagt sich Hollywoods radikalste Filmemacherin an das brisanteste Thema der neueren US-Polit- und Militärhistorie: die jahrelang fruchtlose Jagd auf Osama Bin Laden, die erst 2011 zum schattenumflorten Triumph für die Obama-Administration wurde. Kathryn Bigelow und Drehbuchautor Mark Boal mussten aufgrund dessen ihr Konzept ändern. Und es kam gut: Zero Dark Thirty ist weder zum hurra-patriotischen Spektakel verkitscht worden noch zum Kniefall vor den Kreisen verkommen, die den von Präsident George W. Bush beschworenen Kampf gegen den Weltterrorismus als unverhältnismässig, gar paranoid geisselten.

Bigelows Film ist keine Starkiste, aber durchwegs stark besetzt. Zuvorderst mit Jessica Chastain als reptilienhafte, pflichtbesessene Dompteuse in der Arena des patriarchalischen CIA-Systems. Das Drehbuch verrät kaum etwas über ihr Privatleben, lässt keine Liebelei zu. Bestens, denn damit hat man Fehler vermieden, die schon oft Verfilmungen brisanter Ereignisse verkitscht, ja kastriert haben. Was am thrillerartigen Plot allerdings verbürgte Wahrheit ist oder veröffentlichte Meinungslegende, bleibt unklar; weil aber den Autoren beste Kontakte zu höchsten Stellen nachgesagt werden, darf man von sorgfältigen Detail-Recherchen ausgehen. Nicht nur bei der drastischen Darstellung der sogenannt "erweiterten Verhörtechniken", die seit den Vorkommnissen im irakischen Gefängnis Abu Graib oder im US-Internierungslager Guantánamo auf Kuba global die Gemüter erhitzen.

Die Bin-Laden-Saga spielt nicht in den Teppichetagen der Machtzentralen sondern in den Maschinenräumen, wo die Drecksarbeit verrichtet wird. Wie im beklemmenden Finale zu sehen, wo der Zuschauer zusammen mit den Soldaten der Navy-Seals-Uni Osamas Festungslabyrinth gleichsam penetriert. Nachdem der Gesuchte dann im Leichensack ausgeflogen worden ist, zeigt die Kamera Maya als Heldin von der himmeltraurigsten Gestalt. Auch hier überhöht Bigelow emotional nichts und zementiert ihre Haltungsverweigerung, der im Nachhinein etwas Obszönes anhaftet. Und an der Klasse Werks nichts ändert.

29.04.2024

4

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Kommentare

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julianne

vor 10 Jahren

Superfilm vor allem Jessica chastain Weltklasse Oscar wäre verdient gewesen!!!!!!


oscon

vor 10 Jahren

Dokumentarisch angehauchter Film über die Jagd und Ergreifung Osama Bin Ladens durch eine Spezialeinheit der CIA, die in Südasien operiert.
Gezeigt wird die akribische, von vielen Rückschlägen behaftete Kleinstarbeit der jungen Agentin Maya (hervorragend Jessica Chastain!), den Terroristen Nr. 1. zu finden.
Packend zermürbend realistisch sind die Szenerien in den Büros, Gefängnissen, Basars und Stützpunkten umgesetzt.
Zu guter Letzt erscheint die Stürmung und Ermordung Bin Ladens rein zufällig und das macht den Film wiederum so autentisch. 4 Sterne (****)Mehr anzeigen


loalooma

vor 10 Jahren

Pseudo-dokumentarischer Film, der sich nicht an die Fakten hält: In Wahrheit wurde Bin Laden ohne die Hilfe von Folter gefunden, und zwar erst Jahre nach dem Einmarsch der USA in Afghanistan.
Die meisten Länder ächten und verbieten Folter, Bush wollte sie wieder salonfähig machen.
Auf genau dieser Schiene fährt auch der Film, zudem hält er sich zuwenig an die Fakten.Mehr anzeigen


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